Provisionsfrei Kaufen: Abschaffung der Maklerprovision auch für Immobilienkäufer

Berlin diskutiert über die Abschaffung der Maklerprovision für Immobilienkäufe – aktuell im kleinen Kreis hinter vorgehaltener Hand. Bereits im Januar hatte der Politiker der Linken Fraktion im Bundestag, Gregor Gysi, die Ausweitung des sogenannten Bestellerprinzips auf Immobilinkäufe gefordert. Im Juni 2015 wurde das Bestellerprinzip bereits für Vermietungen eingeführt. Nach kurzer, heftiger Diskussion um die Käuferprovision war das „heiße Eisen“ wieder aus den Kolumnen der Tageszeitungen verschwunden. Die Ausweitung des Bestellerprinzips ist jedoch noch immer im Gespräch. Besonders vor dem Hintergrund anhaltend hoher Kaufpreise auf dem Immobilienmarkt wird die umstrittene Diskussion demnächst wohl auch öffentlich wieder Fahrt aufnehmen – spätestens, wenn Wahlprogramme für die Bundestagswahl formuliert werden müssen.

Neuregelung der Kaufprovisionen führt zu niedrigeren Immobilienpreisen

Das Bestellerprinzip für Verkäufe, also die direkte Verknüpfung der Maklerprovision mit der Auftragsvergabe, würde die Margen von Immobilienvermittlern unter Druck setzen. Die Maklerleistung würde günstiger. Diese Kostenersparnis käme schließlich dem Käufer zugute. Derzeit rufen Makler für die Ausführung von Immobilienverkäufen in der Spitze bis zu sieben Prozent der Kaufsumme auf – frei verhandelbar, zu zahlen im Regelfall vom Käufer.

Müsste der Makler über seine Provision mit dem Eigentümer verhandeln, um den Vermarktungsauftrag zu erhalten, wären derart hohe Provisionen nicht haltbar. Der Vermittler müsste seinen Anspruch auf Vergütung anhand der tatsächlich erbrachten Dienstleistung rechtfertigen. Der Verkäufer würde die Preise der verschiedenen, ortsansässigen Immobilienmakler vergleichen und sich für das für ihn interessanteste Preis-Leistungspaket entscheiden – dies wäre übrigens nicht zwangsläufig der günstigste Makler. Schließlich konsultieren Patienten auch nicht den günstigsten Arzt oder Anwalt. Die Maklerprovision in Deutschland würde sich vermutlich bei rund drei Prozent der Verkaufssumme einpendeln.

Dies wäre eine spürbare Entlastung des Käufers, selbst wenn sich die sonstigen Nebenkosten des Kaufes, bspw. die Grundsteuer, bei einer Umstellung leicht erhöhen könnten.

Auch wenn sich die Problematik der Preisblase in Großstädten mit dem Vorstoß allein nicht aus der Welt schaffen ließe, könnte der Preisanstieg zumindest mittelfristig an Dynamik verlieren.
In zahlreichen Ländern gelten für Immobilienverkäufe bereits Variationen des Bestellerprinzips, so z.B. auch in Großbritannien.

Derzeitige Situation: Provision ist frei verhandelbar, Käuferprovision bringt Makler aber im Verkaufsprozess zum Stolpern

Aktuell ist die Zahlung der Provision, wie auch deren Höhe, frei verhandelbar. Provisionen dürfen auf den Käufer umgelegt werden, selbst wenn der Verkäufer den Makler mit dem Verkauf seiner Immobilie beauftragt hat und der Vermittler während des Verkaufsprozesses vornehmlich die Interessen des Verkäufers vertritt.

Insbesondere seit der Einführung des Widerrufsrechts für Verbraucherverträge führt die Käuferprovision zu erstaunlichen Stilblüten. Möchte der Makler seinen Provisionsanspruch gegen den Interessenten sichern, obwohl ihn der Verkäufer beauftragt hat, muss er sich vom Interessenten vor der Besichtigung mehrere Formulare unterschreiben lassen. So kann der Käufer regelrecht am eigenen Leib spüren, wie er in die Provisionsvereinbarung hereingezwungen wird. Wie förderlich diese sogenannte Käuferprovision (besonders nach der Verschärfung des Verbraucherrechts) für den Verkaufserfolg einer Immobilie sein kann, ist diskussionswürdig. Bei einer Verkäuferprovision wird der Papierkrieg, wie auch die Heimlichtuerei des Maklers um die Adresse der Immobilie, überflüssig. Die Kommunikation mit dem Interessenten kann beginnend mit dem ersten Telefonanruf offen stattfinden. Die Bedarfsanalyse muss nicht allgemein gehalten sein, sondern orientert sich direkt am angebotenen Objekt. So spart sich der Makler Kosten und Zeit für unnötige Besichtigungen und kann sich auf die Betreuung derjenigen Interessenten konzentrieren, bei denen er die Chance auf einen erfolgreichen Verkauf am höchsten einschätzt.

Einige Makler sind daher bereits vor einiger Zeit selbständig zur Innenprovision bei Immobilienverkäufen gewechselt.

Bestellerprinzip für Immobilienkäufe: Ein Paradigmawechsel für die Maklerbranche

Mit einer Umstellung des Maklerrechts wäre der zur Mitte 2015 begonnene Paradigmawechsel in der Immobilienbranche abgeschlossen. Der Intermediär zwischen Angebot und Nachfrage, der der Preisbildung auf dem Markt verpflichtet war, hätte ausgedient. Der Makler wäre nun auch im Kaufbereich der einseitige Interessenvertreter. Aus dem „Makler“ würde entweder der vom Verkäufer beauftragte Listing- und Sales-Agent bzw. bei einer Käufer-Beauftragung der Berater des Kunden. Die Umstellung der Denkweise muss dem Gesetzgeber bewusst sein, wenn er einen entsprechenden Vorstoß wagt.

Echtes Bestellerprinzip: Saubere Umsetzung einer Reform unbedingt notwendig

Eine saubere Umsetzung der Reform, die im Rahmen eines echten Bestellerprinzips auch dem Suchkunden die Möglichkeit bietet, einen Makler zu beauftragen, ist unbedingt erforderlich. Dementsprechend muss es auch für den Vermittler weiterhin attraktiv bleiben, die Käuferseite zu vertreten.

Im Mietmarkt ist der Wandel des Maklers zum einseitigen Interessenvertreter von der Politik verschlafen worden.  Aus einer richtigen Idee entstand ein populär-einseitiges Gesetz, das für die Bearbeitung von Suchaufträgen für den Makler unwirtschaftlich macht. In der Folge haben Makler die Immobiliensuche im Mietbereich vollständig eingestellt. Dies schadet vor allem den Mietinteressenten.

Bestellerprinzip für Immobilienkäufe: Imagegewinn für die Maklerbranche

Durch die Einführung eines Bestellerprinzips für Immobilienkäufe müssten Makler ihre Wertschöpfungskette neu definieren. Um an die begehrten Verkaufsaufträge zu gelangen, müsste der Vermittler dem potenziellen Auftraggeber – ob Käufer oder Mieter – ausreichend darlegen, welchen Mehrwert er durch die Beauftragung eines Maklers im Verkaufsprozess erwarten kann. Die Akquisemethode frei nach dem Leitgedanken: „Sparen Sie sich den Stress, denken Sie doch an die vielen Telefonanrufe und die lästigen Besichtigungen – die Maklerkosten trägt ja sowieso der Käufer“ hätte ausgedient.
Der Vermittler müsste mit Kompetenz, Fachwissen und einem fairen Preis-Leistungsverhältnis punkten. Weil sich Auftraggeber aus freien Stücken für die Dienstleistung entscheiden, hätten diese auch keine Schwierigkeiten nach erfolgreichem Abschluss die vereinbarte Provision zu entrichten. Dies lässt sich im Mietbereich beobachten. Vermieter, die heute Kontakt zu einem Makler suchen, möchten dessen Leistung beziehen und schätzen den Service eines kompetenten Vermittlers.

Meilenstein im Kampf gegen schwarze Schafe

Die von der Immobilienbranche vielfach zitierten „Schwarzen Schafe“ unter den Maklern hätten es schwer. Mehrfachvergaben von Verkaufsaufträgen nach dem Stil „mach Mal“ oder „Makeln ohne Auftrag“ wären nach der Einführung eines Bestellerprinzips für Immobilienkäufe Vergangenheit. Leistungsqualität, eine professionelle Ausbildung und das Kompetenzlevel des Maklers würden umso wichtiger, um Makleraufträge von Verkäufern zu erhalten.

Honorarvereinbarungen ermöglichen

Wichtig wäre im Zuge der Einführung des Bestellerprinzips für Käufe eine klare Kommunikation des neuen Gesetzes. Dem Interessenten muss bewusst gemacht werden, dass er nicht mehr als Kunde des vom Verkäufer beauftragten Maklers auftritt.

Auch dies wurde bei der Einführung des Bestellerprinzips im Mietbereich vernachlässigt. Noch heute fordern Mietinteressenten von Maklern umfassenden Service während der Vermietung und begreifen sich als Kunden, obgleich der Vermieter und Besteller nicht für umfangreiche Betreuung bezahlt.

Maklern, wie auch dem Kunden, müsste deshalb –bspw. im Zuge einer Honorarvereinbarung – ermöglicht werden, auf Wunsch erbrachte Zusatzleistungen der Gegenseite in Rechnung zu stellen.

Bestellerprinzip für Immobilienverkäufe: Gewinner und Verlierer

Gewinner der Reform wären gut ausgebildete Makler, deren Unternehmen geringe Fixkostenblöcke aufweisen. Die Verliererseite bestünde aus Vermittlern mit schlechter Ausbildung und/ oder vergleichsweise hohen Fixkosten. Auch Makler- und Franchiseketten, bei denen die erwirtschaftete Provision unter einer Vielzahl von Beteiligten geteilt wird, müssten sich neu positionieren. Es bliebe abzuwarten, ob Verkäufer für die Hochglanzstandorte der Makler in den „Besten Lagen“ einen Aufschlag auf die übliche Provisionshöhe bezahlen möchten.

Zum Autor:
Richard Nitzsche  ist Immobilienmakler in Frankfurt und München und Autor des Ratgebers für Mieter: Der Mietercoach: Ihre neue Wohnung SUCHEN – FINDEN – BEKOMMEN (Immobilienbuch Verlag).
Richard Nitzsche tritt regelmäßig als Spezialist für den Wohnungsmarkt in Ballungszentren auf, schreibt für die Wochenzeitung Frankfurter Stadtkurier eine Marktkolumne und publiziert auf dem Blog mietercoach.de seit 2014 Tipps, Infos und Wissenswertes zum Thema Mietimmobilien und Wohnungssuche.
Nitzsche ist gelernter Bankkaufmann und Master of Science (M.Sc.). Er studierte in Frankfurt und Colorado Springs Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft und Marketing.