Bestellerprinzip bei Verkäufen: Diese 5 Folgen machen Maklern Angst…

… und 5 Gründe, wegen denen sich Makler eigentlich freuen müssten.

Die Immobilienbranche diskutiert über den jüngsten Vorschlag der SPD, das Bestellerprinzip bei Immobilienverkäufen einzuführen. Die meisten Makler lehnen den Vorstoß ab.  „Unsinnig“, kommentieren sie die Idee, die Preise würden dadurch weiter steigen. Verkäufer erhöhen den Angebotspreis dann einfach um die Provision.Dieses Argument könnte die Immobilienmakler doch eigentlich ungerührt lassen, es hätte nur wenig Einfluss auf ihr Geschäft…

Das sind die 5 Gründe, warum sich Makler wirklich vor der Einführung des Bestellerprinzips bei Verkäufen fürchten:

Bestellerprinzip bei Verkäufen: Vorteile und Nachteile für Makler in der Übersicht
Bestellerprinzip bei Verkäufen: Vorteile und Nachteile für Makler in der Übersicht

 

CONTRA #1. Sinkende Provisionen

Vielfach werden Makler vom Eigentümer engagiert, um den Verkaufsprozess professionell abzuwickeln. Die Wertschöpfungskette reicht von der Preisfindung für die Immobilie, über das Immobilienmarketing für das Objekt bis hin zur Vorbereitung des Notartermins. Müsste der Verkäufer die Provision bezahlen, wäre die Vergütung des Maklers ein wesentlicher Bestandteil in dem Rennen um die Auftragsvergabe. Bieten zwei Makler die selbe Leistung an, entscheidet sich der wirtschaftlich handelnde Verkäufer für den Vermittler, der ihm zum Schluss die niedrigere Rechnung schreibt. Dieser ökonomische Vorgang resultiert in fallenden Preisen für die Maklerleistung.

CONTRA #2. Weniger Maklerkunden, schärferer Wettbewerb in der Maklerbranche

Im Rennen um die beste Preis-Leistung (Achtung: Nicht um die niedrigsten Preise) würde der Wettbewerb in der Maklerbranche um den Privatverkäufer aus zwei Gründen anziehen:

Zunächst wären weniger Privatverkäufer von Immobilien auf dem Gesamtmarkt verfügbar. Eine Zahl der Verkäufer würde aus Scheu vor zusätzlichen Kosten versuchen, die Immobilientransaktion selbständig abzuwickeln (für vergleichsweise Privatverkäufer ist dies übrigens seit jeher ein folgenschwerer Fehler).

Die verbliebenen Kunden würden stärker Preise und Leistungen der örtlichen Maklerhäuser vergleichen, bevor sie sich zur Auftragsvergabe entschließen. Um Aufträge zu erhalten, müsste sich das Preis-Leistungspaket des Vermittlers deutlich von der Konkurrenz absetzen um den Kunden zur Auftragsvergabe zu bewegen.

CONTRA #3. Mehr Arbeit bei jedem Verkauf

Kunden von Dienstleistungen, die im Vorfeld verschiedene Maklerhäuser verglichen haben, sind besser über die Leistung informiert, als Kunden, die sich „umsonst vom örtlichen Immobilienhansel unterstützen lassen“. Im Verkaufsprozess müsste der Makler deshalb beweisen, dass er sein Geld wert ist – indem er das für den Auftragserhalt getätigte Leistungsversprechen Stück für Stück einlöst. Schlampige Exposétexte,  ein umprofessionelles Layout oder schlechte Bilder brächten den Vermittler in Erklärungsnot – der Kunde würde darauf achten!

CONTRA #4. Für Glücksritter wird’s besonders kritisch: Wildmakelei ist ausgeschlossen

Die Kernkompetenz einiger Immobilienvermittler liegt in der Tätigkeit, die privaten Verkaufsanzeigen (zumeist älterer) Eigentümer nach einem Anruf und einem kurzen Besuch vor Ort ohne ausdrücklichen Maklerauftrag ins Internet zu stellen und auf die Anfrage ahnungsloser Interessenten zu warten, denen sie den Maklerauftrag „unterjubeln“. Meist befinden sich diese Vermittler nach kurzer Zeit in Gesellschaft anderer Glücksritter, die ein ähnliches Geschäftsmodell verfolgen. Interessenten finden das selbe Verkaufsangebot dann in diversen Portalen von verschiedenen Maklern wieder – schlimmstenfalls sogar mit verschiedenen Preisen.  Natürlich sprechen sich Makler mit derartigen Geschäftsmodellen gegen das Bestellerprinzip aus. Der Maklerauftrag des Objektmaklers müsste zwangsläufig vom Verkäufer stammen. Nach der Einführung des Bestellerprinzips im Mietbereich sind Mehrfachbelegungen übrigens gänzlich aus den Immobilienportalen verschwunden.

CONTRA #5. Höhere Qualifikation notwenig

Neben dem aufgerufenen Preis für die Dienstleistung wäre für den bereitwillig zahlenden Verkäufer auch die Qualifikation des Maklers bei der Vergabe des Vermarktungsauftrages von Interesse . Fortbildungen sind anstrengend, zeitaufwändig. Außerdem bedingen sie einiger Elementarqualifikationen, die ein Teil der aktuell praktizierenden Makler (leider) nicht mitbringt.

Sinkende Maklermargen führen zu Wohlfahrtsmehrung

Contra-Argument#1 der Makler ist im Übrigen gleichzeitig das wichtigste PRO-Argument von Ökonomen und Käufern: Steigt der Wettbewerb, fallen die Preise für Dienstleistungen. Käufer und Verkäufer würden den Mehrerlös, bzw. die gesparten Kosten, zu gleichen Teilen unter sich aufteilen. Selbiges hat auch bspw. Prof. Dr. Jochen Michaelis (et al.)  im Zuge der Einführung des Bestellerprinzips im Mietbereich prognostiziert.  In anderen europäischen Staaten, beispielsweise Großbritannien oder in den Niederlanden existiert das Bestellerprinzip bei Verkäufen. Hier haben sich die Maklerprovisionen zwischen ein und zwei Prozent der Verkaufssumme eingependelt.

Auf Immobilienmakler könnten empfindliche Einbußen zukommen, falls die SPD mit ihrem Vorschlag tatsächlich Erfolg hat und dieser in ein Koalitionspapier nach der Bundestagswahl eingeht. Vor diesem Hintergrund wirkt es schon irrwitzig, dass einige Immobilienvermittler den Vorstoß dennoch begrüßen. Thorsten Hausmann, Makler aus Norderstedt, erwartet eine Qualitätsverbesserung in der Immobilienbranche. Für Roland Kampmayer,  Geschäftsführer der Kampmayer Immobilien GmbH, wäre das Bestellerprinzip ein Schritt zu größerer Markttransparenz. Auch ich stehe einer sauber strukturierten (!!) Neuregelung positiv gegenüber. Nachfolgend habe ich einige Gründe zusammengefasst, warum Makler das Bestellerprinzip bei Immobilienverkäufen, wenigstens bei zweitem Hinsehen, begrüßen müssten:

PRO #1. Imagegewinn für die Maklerbranche 

Sobald der Immobilienmakler nach Einführung des Bestellerprinzips engagiert wurde, ist er zumindest von einer Seite ausdrücklich erwünscht – so erwünscht, dass sich diese Seite aktiv dazu entschließt, den Vermittler zu bezahlen. Klassische Käufer-Argumente gegen Makler würden nicht mehr greifen. Die Maklerbranche könnte sich nach einigen Jahren schon deswegen über einen deutlichen Imagegewinn , mehr Akzeptanz und höhere Glaubwürdigkeit freuen. Vertrauen schafft neue Kunden!

PRO #2. Markteintrittsbarrieren steigen,  schwarze Schafe verschwinden

Der Einflussbereich von Vermittlern ohne fundierte Ausbildung oder von Makler-Startups, die eine Mischung aus Hausfrauen-Drückerkolonie gepaart mit professionellem Callcenter abbilden,  würde schnell schwinden. Mehrfachlistings des selben Kaufobjekts von verschiedenen Maklern und/ oder Maklern ohne Auftrag wäre mit einer neuen Regelung nicht mehr möglich.

Etablierte Unternehmen, die seit Jahren Mehrwert für ihre Kunden schaffen, würden Marktanteile gewinnen. Weil die Immobilienakquise (bekannt als Immobilien-Einkauf) schwieriger würde müssten sich Jungmakler ihren Marktzugang über die Ausbildung bei etablierten Unternehmen erschließen.

PRO #3. Qualifikationslevel steigt

Durch höhere Markteintrittsbarrieren könnte ein Bestellerprinzip für Verkäufe das Qualifikationslevel in der Maklerbranche herstellen, das der vom IVD weichgespülte Sachkundenachweis gerne für sich in Anspruch nehmen würde. Unqualifizierte Makler und nebenberuflich- sporadische Vermittlungstätigkeit (bekannt als Küchentisch-Makelei) würden von der Bildfläche verschwinden.

PRO #4. Positionierung: Endlich richtige Werbung! 

Standardisierte Farming-Karten oder Hochglanzbroschüren mit Floskeln für die kostenlose Immobilienbewertung wären die Vergangenheit. Nach der Einführung des Bestellerprinzips gehört die Zukunft den Immobilienvermittlern, die sich individuell positionieren können und die wissen, wie sie genau die Stärken, die den Mehrwert für den Kunden schaffen, kommunizieren. Leichter würde die Maklerwerbung nicht, aber spannender!

PRO #5. Mit einem Fußtritt in den Fortschritt

Auch und besonders sogenannte „Alte Hasen“ wären nach Einführung des Bestellerprinzips gezwungen, ihre über Jahrzehnte verstaubten Prozesse zu überarbeiten. Margendruck und steigender Wettbewerb fordert schlankere Prozesse und Innovation. Auch das Thema Fixkosten würde durch das Bestelleprinzip in Schwung kommen: Einige Kollegen wären möglicherweise gezwungen, ihre Sportwagen zu verkaufen. Der Verkäufer würde selbst bestimmen, ob er für den „Bling-Bling“ Standort des Immobilienmaklers und den italienischen Latte Macchiato im Beratungsgespräch einige Prozent des Verkaufspreises zusätzlich bezahlen möchte. Vielleicht würde dem Auftraggeber aber auch ein Filterkaffee mit Milch genügen – serviert von einem kompetenten Makler in einem Büro in einer Stadtrandlage.

Bestellerprinzip bei Mieten: Aus alten Fehlern lernen! 

Das (zugegebenermaßen unglücklich gelöste) Bestellerprinzip bei Vermietungen hat die Maklerbranche konsolidiert. Etablierte Makler überlebten. Sie konnten sogar Marktanteile hinzugewinnen. Derweil verschwanden veraltete oder teure Strukturen aus dem Markt. Übrig blieb Fortschritt.
Eine Neustrukturierung des Gesetzes für Verkäufe ist die logische Folge. Während die Technik längst ihren Weg ins digitale Zeitalter gegangen ist, hängen die Gesetze hinterher und warten auf eine Anpassung, die sie zeitgemäß werden lässt.
Der Gesetzgeber sollte bei der Ausarbeitung der Reform aus den Fehlern lernen, die beim Entwurf des Bestellerprinzips im Mietbereich begangen wurden. Er sollte insbesondere darauf achten, dass er einen Entwurf auf den Weg bringt, der weiterhin vollen Marktzugang für beide Parteien, hier Käufer und Verkäufer, gewährleistet. Bei Einführung des Bestellerprinzips für Mieten ist dies gänzlich versäumt worden, indem die Maklerbeauftragung für Mieter zu speziell, für Makler damit wirtschaftlich unattraktiv strukturiert wurde.
Der Marktzugang kann nur dann gewährleistet werden, wenn es für den Makler monetär sinnvoll bleibt, für beide Seiten tätig zu werden, und Verkäufer wie auch Käufer den Vermittler uneingeschränkt beauftragen können.

 

Zum Autor:

Richard Nitzsche ist Immobilienmakler in Frankfurt und München
Richard Nitzsche

Richard Nitzsche ist Immobilienmakler in Frankfurt und München und Autor des Ratgebers für Mieter: Der Mietercoach: Ihre neue Wohnung SUCHEN – FINDEN – BEKOMMEN (Immobilienbuch Verlag).
Richard Nitzsche tritt regelmäßig als Spezialist für den Wohnungsmarkt in Ballungszentren auf, schreibt für die Wochenzeitung Frankfurter Stadtkurier eine Marktkolumne und publiziert auf dem Blog mietercoach.de seit 2014 Tipps, Infos und Wissenswertes zum Thema Mieten, Immobilien und Wohnungssuche.