Bestellerprinzip und die Bundestagswahl: Immobilienmakler verloren im „HAUS of Cards“

Die Bundestagswahl wird für die Maklerbranche besonders nervenaufreibend. Am 24. September könnte sich entscheiden, ob das sogenannte Bestellerprinzip nun auch bei Haus- und Wohnungskauf eingeführt wird. Bereits das Ergebnis der letzten Bundestagswahl hatte sich für viele Immobilienprofis zu einem Desaster entwickelt. Die SPD konnte im Koalitionsvertrag die Einführung des Bestellerprinzips im Segment Vermietung durchsetzen und ihre Forderung nach einer Änderung der Provisionsregelung für Mieter verwirklichen. Die Maklerbranche erlitt hohe Verluste – viele kleinere Immobilienunternehmen mussten sogar schließen.

Bestellerprinzip als Wahlkampfthema: Wer ist dafür, wer ist dagegen?

In ihrem neuen Wahlprogramm drängen die Sozialdemokraten nun auf eine Änderung der Maklervergütung auch bei Immobilienverkäufen. Grüne und Die Linke würden das Ansinnen unterstützen. Die Freien Demokraten (FDP) halten dagegen, ebenso hat sich die Union gegen eine weitere Gesetzesänderung ausgesprochen. Die Position der AfD ist unklar (die Partei war nicht für ein Statement zu erreichen).

Vom Wahlkampf zur Koalition: Diese Positionen sind nach der Wahl wahrscheinlich

Bei der Bildung einer schwarz-gelben Regierung wäre die Forderung mit Sicherheit vom Tisch.

Tipps und Tricks für die WohnungssucheSpannend – für viele Makler gar nervenzerfetzend – wäre die Ausarbeitung eines Koalitionsvertrages zwischen CDU/ CSU und SPD als Juniorpartner. Das Bestellerprinzip im Segment „Vermietung“ wurde von der Öffentlichkeit weitgehend positiv aufgenommen. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Union ihre Position zu den Maklern im Tausch gegen die Zustimmung der SPD bei einem anderen Thema „opfern“ würde.

So könnte sich die Geschichte der jungen Vergangenheit wiederholen: Inzwischen gilt es als offenes Geheimnis, dass CDU/ CSU bei den letzten Koalitionsgesprächen ihre ablehnende Haltung zur Änderung der Provisionsregelung bereitwillig aufgab, um u.a. Erleichterungen für Immobilieneigentümer bei der Mietpreisbremse durchzusetzen.

Eine Ampelkoalition (SPD/ FDP/ Grüne) lässt Raum zur Spekulation: Würden die Freien Demokraten ihrer Linie treu bleiben und eine Gesetzesänderung blockieren? Die FDP sagt derzeit am deutlichsten „NEIN“ zum Bestellerprinzip beim Kauf und sichert sich damit vermutlich die Wahlkreuze der meisten Immobilienvermittler. Bleibt abzuwarten, ob die FDP die Makler bei der Bildung einer Ampelkoalition tatsächlich vor dem Exitus rettet und Wort hält.

Warum Makler das Bestellerprinzip wirklich ablehnen

Immobilienmakler befürchten von der Einführung eines Bestellerprinzips nun auch beim Kauf starke Umsatzeinbußen. Für viele Vermittler ist das Geschäft mit den Verkäufen die letzte profitable Einnahmequelle. Aus dem Mietmarkt mussten sie sich weitestgehend zurückziehen. Immobilienvermittler argumentieren deshalb vehement gegen das Gesetz.

Höhere Steuern, steigende Kaufpreise?

Makler prognostizieren durch die Einführung eines Bestellerprinzips beim Kauf den Anstieg der Steuerlast für den Käufer. Die Erklärung:  Bisher bezahlt der Käufer die Maklerprovision teilweise oder sogar gänzlich direkt an den Makler.  Bei einer Umstellung des Gesetzes würde der Verkäufer die Maklerkosten zum Kaufpreis hinzuaddieren. Ein höherer Verkaufspreis sei die Folge. Weil die Steuerlast als Anteil des protokollierten Verkaufspreises ermittelt wird,  würden auch die Steueraufwendungen für den Käufer steigen. Weiterhin argumentieren die Makler,  das neue Gesetz treibe aufgrund des beschriebenen Effekts die Immobilienpreise weiter in die Höhe.

Fallende Kaufpreise!

Befürworter des Bestellerprinzips erwarten sogar sinkende Kaufpreise. Grund sei das Entstehen einer neuen Verhandlungskultur. Weil der Verkäufer den Makler beauftragen würde, könnte er die Höhe der Maklercourtage vor der Auftragsvergabe verhandeln. Die Verhandlungsposition des Verkäufers gegen den Makler wäre stärker, als die des Käufers. Kaufinteressenten haben derzeit eine schwache Verhandlungsposition. Wenn sie ernsthaftes Kaufinteresse an einer Immobilie mitbringen, müssen sie die ausgeschriebene Provision akzeptieren um den Zuschlag zu erhalten.

Tritt eine neue Regelung in Kraft, könnte der Verkäufer vor Vergabe des Auftrags unter zahlreichen Anbietern wählen. Er würde den Makler aussuchen,  der ihm das beste Preis-Leistungsverhältnis anbietet. Dies entfacht den Wettbewerb unter Vermittlern und führt zwangsläufig zu fallenden Provisionen. Der Gleichgewichtspreis für eine seriös und vollständig erbrachte Maklerleistung würde sich vermutlich bei 3% des protokollierten Kaufpreises einpendeln. Die monetäre Erleichterung der Provisionszahlung könnten Käufer und Verkäufer im Preisbildungsprozess unter sich aufteilen. Diese Entwicklung entspräche den Auswirkungen der Einführung Bestellerprinzips im Mietbereich, die Prof. Dr. Jochen Michaelis und Prof. Dr. Georg von Wangenheim 2016 unter branchen- und volkswirtschaftlichen Aspekten aufzeigten.

PRO-Bestellerprinzip: Geringere Erwerbsnebenkosten, bessere Finanzierbarkeit

Ein höherer Kaufpreis und geringere Erwerbsnebenkosten könnten aber auch einen Vorteil für Immobilienkäufer bedeuten.  Prof. Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) sieht in diesem Effekt des Bestellerprinzips insbesondere für ärmere Haushalte eine Chance auf den Erwerb von Wohneigentum. Der Immobilienkauf käme dann nämlich auch für Kaufinteressenten in Betracht, die die aktuell hohen Kaufnebenkosten zusätzlich zu dem von der Bank geforderten Eigenkapital in Höhe von 10-20% nicht aufbringen können. Wenn die Maklergebühren beim Verkäufer anfielen, könnte der Käufer sein Eigenkapital schonen.

IVD: Maklerrecht hat Anpassungspotenzial, ein Bestellerprinzip beim Kauf ist Wahlkampfgetöse

Die Maklerlobby betrachtet die aktuelle Diskussion um eine Einführung des Bestellerprinzips beim Immobilienkauf vor allem als Wahlkampfgetöse. Einen grundsätzlichen Änderungsbedarf im Maklerrecht kann der Immobilienverband Deutschland (IVD), vertreten durch Jürgen Michael Schick, dennoch nachvollziehen. Bereits 2010 bezeichnete Schick in einem Fachbeitrag der Zeitschrift Immobilienwirtschaft die derzeitige Regelung als wenig zeitgemäß und fordert eine Branchenusance hin zur einseitigen Interessenvertretung. Der Makler solle sich für eine Seite entscheiden, entweder für den Käufer oder für den Verkäufer. Von der einen Partei engagiert zu werden, aber der anderen Partei die Provisionsrechnung zu schreiben, habe zum zweifelhaften Image der Maklerbranche beigetragen.

„Ob der Makler dann die Interessen des Käufers oder des Verkäufers vertritt, sollte aber dem Vermittler überlassen werden.“ meint Dirk Wohltorf, Vorstandsvorsitzender des Immobilienverbands Deutschland Berlin-Brandenburg. Der Vorschlag der SPD ziele jedoch darauf ab, den Makler an den Eigentümer zu fesseln und diesem per Gesetz eine Provisionszahlung zu verordnen. Dies sei Klientelpolitik, die an dem tatsächlichen sinnvollen Änderungspotenzial des Maklergesetzes vorbei argumentiere, von der langfristig weder Kaufinteressenten noch Verkäufer profitieren würden. „Wenn schon ein Bestellerprinzip eingeführt wird, dann muss es sich um ein echtes Bestellerprinzip handeln“, kommentiert Wohltorf. Nach den Märkten Gesetze zu machen sei falsch. Ein statischer Gesetzentwurf verlöre jegliche Wirkung, wenn der Markt plötzlich in die entgegengesetzte Richtung laufe.

Bestellerprinzip: Challenge ums Überleben und doch eine Chance für die Makler

Bei einer Einführung des Bestellerprinzips ginge die Maklerbranche zweifellos einer großen Herausforderung entgegen. Gleichsam erhielten Makler neue Chancen: Unterm Strich wäre die technologisch und prozessökonomisch veraltete Branche gezwungen, ihre Strukturen aufzubrechen und sich vollständig neu aufzustellen. Dies beinhaltet die Modernisierung von Marketing, Vertrieb, Abwicklung und Eigenwerbung unter Kosten- und Effizienzkriterien. Wirtschaftswissenschaftler hätten ihre Freude am neuen, darwinistischen Entwicklungsprozess der Immobilienvermittler.

Nach dem Durchschreiten einer anfänglichen Krise würden vermutlich die Makler profitieren, die ein solides Preis-Leistungsbündel für ihre Kunden schnüren und mit diesem die Eigentümer begeistern könnten. Die übrigen Makler müssten eventuell nach einem neuen Beschäftigungsfeld Ausschau halten.

Aus den Fehlern des ersten Bestellerprinzips lernen

Falls die neue Koalition tatsächlich eine Novellierung des Bestellerprinzips auch beim Immobilienkauf beschließt, sollte sie aus den Fehlern lernen, die 2015 bei der Einführung des Bestellerprinzips im Mietbereich begangen wurden. Insbesondere die „Ausschließlichkeitsklausel“ macht für Makler eine Tätigkeit für den Mietinteressenten unwirtschaftlich. Sie gleicht nicht einem quasi-Berufsverbot für Immobilienmakler im Bereich „Immobiliensuche für Mieter“. Noch schlimmer: Sie entzieht dem Mieter die Möglichkeit, vom Know How des Maklers durch eine kostenpflichtige Beauftragung zu profitieren. Dies erschwert den Marktzugang für Mieter, insbesondere in umkämpften Wohnungsmärkten.

Das neue Bestellerprinzip sollte deshalb so strukturiert werden, dass beide es für beide Seiten identisch einfach ist, den Makler zu beauftragen. Jeder Verbraucher, der auf dem Immobilienmarkt für den Service eines Dienstleisters bezahlen möchte, sollte vor dem neuen Gesetz im Stande sein, die gewünschte Leistung auch zu erwerben. Dabei muss die Gesetzesänderung ein Branchenumfeld schaffen, im dem vom Verbraucher geforderte und benötige Leistungen auch weiterhin profitabel offeriert werden können. Dies schließt auch den Weg zu qualifizierter Honorarberatung von Käufern und Verkäufern ein.

Stärkerer Wettbewerb unter Maklern würde die Problematik der mangelnden Qualifikation einiger Immobilienvermittler selbständig regulieren – die berühmt-berüchtigten „Schwarzen Schafe“ könnten ihre Anspruchsgrundlage im steigenden Wettbewerb um den Kunden schwerer rechtfertigen. Nachdem die Chance auf die Einführung eines Sachkundenachweises für Makler in der scheidenden Legislaturperiode vergeben wurde, wäre der Imagegewinn für die Branche der vielleicht deutlichste Vorteil der Einführung eines Bestellerprinzips beim Immobilienkauf.

Richard Nitzsche ist Immobilienmakler in Frankfurt und MünchenDer Autor: Richard Nitzsche ist Immobilienmakler in Frankfurt und München. Nitzsche studierte Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft in Frankfurt und Colorado Springs (USA) zum Master of Finance. Seit 2014 ist er Autor des Blogs http://www.mietercoach.de und Verfasser des Ratgebers für Mieter auf Wohnungssuche „Der Mietercoach: Ihre neue Wohnung SUCHEN – FINDEN -BEKOMMEN„. Er publiziert eine wöchentliche Kolumne im Frankfurter Stadtkurier. Schreiben Sie Ihm auf Twitter oder Facebook

5 Gedanken zu “Bestellerprinzip und die Bundestagswahl: Immobilienmakler verloren im „HAUS of Cards“

  1. Wer glaubt das Bestellerprinzip würde die Kaufkosten senken täuscht sich aber gewaltig. Im Gegenteil: Der Kaufpreis würde sich erhöhen und alles wieder ausgleichen oder übertreffen. Ein Profimakler arbeitet auch für den Käufer und sollte deshalb auch eine Provision von Ihm erhalten. Ich denke viele wissen überhaupt nicht was der Makler in den letzten Jahrzehnten für die Käufer auch Gutes getan hat. Wie es in anderen Ländern gehandhabt wird ist dabei vollkommen uninteressant und wie vieles andere auch nicht richtig! Die SPD wollte mit der Mogelpackung nur Stimmen fangen.

  2. Es kann nur als richtig angesehen werden, wenn diese gesamte Maklerbranche mal in die Knie gezwungen wird. Über Jahre hat sich diese halsabschneiderische Branche aufgrund der Wohnungsnot bereichert und saniert. Man sieht es ja daran, was Makler im Schnitt für ein Auto fahren, dabei handelt es sich ausschließlich um hochpreisige Premiumkarossen.

    In Zeiten des Internets und den Möglichkeiten, privat Immobilien anzubieten, braucht es keine Makler mehr!

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