Immobilien: Echo aus dem Frankfurter Wohnungsmarkt

Die Immobilienweisen erwarten im aktuellen Frühjahrsgutachten 2018 das Ende der Rallye auf dem Immobilienmarkt. Die Prognose der Volkswirte deckt sich mit zahlreichen Beobachtungen aus dem Immobilienmarkt vor Ort, zumindest mit Blick auf den  Anteil der Wohnungen, die privatwirtschaftlich vergeben werden.

Chronisch auf Wohnungssuche…

Das eigentliche Dilemma ist der umfangreiche Bodensatz von Mietern mit geringer Bonität. Diese bleiben von Privatvermietern bei der Vergabeentscheidung im Regelfall unberücksichtigt und sind chronisch auf Tipps und Tricks für die WohnungssucheWohnungssuche, weil die öffentliche Hand zu wenig Wohnraum anbietet oder sie die eng gesetzten Parameter für sozial geförderten Wohnraum nicht erfüllen: Zu wohlhabend für die Sozialwohnung, zu bedürftig für den freien Markt. Auf einer Veranstaltung der Stadt Frankfurt und des Radiosenders hr-Info diese Woche zitierte die Moderatorin eine Statistik, laut der sich über 9.000 Personen ständig auf Wohnungssuche befänden. Frankfurt wachse um 1.100 Menschen monatlich.

Mietmarkt: Spitzenmieten in den A-Lagen sind erreicht

Im privaten Segment des Frankfurter Mietmarkts, in dem ich Vermieter vertrete, lässt sich dennoch in den vergangenen sechs Monaten tendenziell eine Beruhigung beobachten. Über ganz Frankfurt saldiert, hat sich der Druck auf dem Mietwohnungsmarkt in der jüngsten Vergangenheit merklich reduziert.

Der Höhepunkt der Preissteigerung in A-Lagen ist vielfach erreicht. Hier geht es einfach nicht weiter. Bei Kaltmieten zwischen 14,00 Euro und 17,00 Euro*, im Neubausegment bis 21,00 Euro pro Quadratmeter, steigen die Durchlaufzeiten, bis ein neuer Mieter gefunden werden kann, der den Bonitätsanforderungen der Vermieter entspricht.

Warum steigen die Mietpreise nicht weiter?

Dem schleppenden Vermietungsprozess bei Immobilien, bei denen von der Vermieterseite sehr hohe Mietpreise aufgerufen werden, können verschiedene Ursachen zugrunde liegen:

  1. Fallende Nachfrage ab bestimmten Mietpreislevels, begründet durch höheres Wohnungsangebot vergleichbarer Qualität zu günstigeren Preisen
  2. Einkommen der Mieter als limitierender Faktor – der Wohnraum wird wegen des Haushaltseinkommens der Interessenten zu teuer für den potenziellen Mieter, sodass dieser auf ein Substitut ausweicht. Hierbei kann es sich um Wohnraum mit geringerem Platzangebot handeln, bei dem die absolute Kaltmiete entsprechend geringer ausfällt oder um eine Modifikation der Lageparameter in Richtung der Randlagen, in denen sich die Höhe der Kaltmieten normalisiert.
    Das Frühjahrsgutachten geht hier sogar einen Schritt weiter: Die Volkswirte beobachten, dass die hohen Lebenshaltungskosten in den Großstädten den Zuzug von jüngeren Mietern bremsen. Man bleibt auf dem Land, weil die Großstadt zu teuer wird.

Für ein Haushaltseinkommen als limitierender Faktor spricht, dass sich Wohnraum von mittlerer Qualität in Frankfurter A-Lagen zu Spitzenmieten zwischen 15,00 Euro und 18,00 Euro noch platzieren lassen, wenn der Vermieter ein höheres Risiko in Kauf nimmt. Ein höheres Risiko resultiert aus geringerer Mieterbonität. Diese manifestiert sich in geringerem absoluten Haushaltseinkommen (im Regelfall sollte die Kaltmiete ein Drittel des Nettohaushaltseinkommens nicht übersteigen), unsicheren Einkommensperspektiven, bspw. durch die Einmietung von Selbständigen ohne solide Nachweisführung des Einkommens oder in der Wohnungsvergabe an Spezialmieter, die das Substanzrisiko am Objekt erhöhen. Zu diesen zählt bspw. die klassische Studenten-WG, deren Einmietung höhere Kosten für Instandhaltung/ Sanierung der Immobilie, Kontrollverlust in der Wohnung durch interne Mieterwechsel und / oder größere Fluktuationen der übrigen Mieter im Haus (aufgrund diverser Belästigungen wie Lärm, Schmutz, usw.) nach sich ziehen kann.

Gegen das Haushaltseinkommen als limitierenden Faktor spricht, dass auch in Randlagen wie Frankfurt/ Kalbach, Niederursel oder Oberrad die Durchlaufzeiten des Vermietungsprozesses bei einem niedrigerem Preislevel tendenziel ebenfalls gestiegen sind.
Während ich im August 2016 noch mit durchschnittlich 15 Tagen Vermarktungsdauer zwischen Objektaufnahme und Vertragsschluss kalkuliert habe, setze ich heute im Durchschnitt rund 25 Tage an. Natürlich hat die Durchlaufzeit nur eine beschränkte Aussagekraft, denn diese variiert in den unterschiedlichen Größen-, Lage- und Ausstattungsklassen der Wohnungen.

Die Mietersuche für größere Wohnungen verläuft zäh

Die Platzierung großer Wohnungen, absolut hohe Kaltmieten ausweisen, ist im letzten Jahr besonders problematisch geworden. Hier ist eine abnehmende Nachfrage zu beobachten. Mieter sind aufgrund des geringen Zinslevels vielfach indifferent zwischen dem Erwerb von Wohneigentum und der Miete, sobald die absoluten Kaltmieten 1.300 Euro übersteigen. Dies kann sich ändern, wenn das Zinslevel anzieht und die Miete verglichen mit dem Kauf durch höhere Finanzierungskosten wieder an Attraktivität gewinnt.

Kleine Wohnungen: Hohe Nachfrage, aber häufig ungenügende Bonität der Interessenten

Bei Kleinstwohnungen (bis 40 Quadratmeter), die zu moderaten Kaltmieten angeboten werden, ist der Nachfragedruck unverändert hoch. Auf eine Wohnungsanzeige im Onlineportal melden sich in kurzer Zeit mehrere hundert Interessenten, (auch in Randlagen, bspw. in Bonames). Vermittelbare Interessenten mit zufriedenstellenden Bonitätsanforderungen sind hier jedoch durchaus rar gesät. Die Absagehäufigkeit im Vertragsprozess ist bei den Interessenten mit akzeptabler Bonität gestiegen. Häufiger als zuvor erhalten diese diverse Angebote zur Auswahl.

Der Bodensatz an schwer vermittelbaren Interessenten ist bei kleinen Mietangeboten besonders hoch. Für diese Mieter herrscht tatsächlich „Wohnungsnot“. Da sie von Privatvermietern im Regelfall keine Vertragsangebote erhalten, sollten für die Mietergruppe Wohnoptionen aus öffentlicher Hand geschaffen werden. Im privaten Bereich spielen die Nachfrager jedoch eine untergeordnete Rolle, weil eine Einmietung das Risiko für den Vermieter überproportional in die Höhe treibt (Mietausfall, extremer Verschleiß des Objekts, viele (unter Umständen nicht genehmigte) Bewohner auf engstem Raum).

Verkaufspreise weiterhin im Aufwind

In der Praxis lässt sich weiterhin ein regelrechter „Run“ auf Verkaufsobjekte beobachten. Ein Kollege schildert es treffend: „Der Makler hat kaum Zeit, ein Exposé zu verfassen, bevor er das Objekt aus den Händen gerissen bekommt.“
Von Monat zu Monat scheint dagegen, das immobilienspezifische Know-How der Kaufinteressenten zu sinken. Nicht nur bei Kapitalanlegern, auch bei Eigennutzern. Substanz und langfristige Rendite der angebotenen Immobilien wird selten hinterfragt, wenn sich der absolut aufgerufene Preis im Rahmen hält.

Prof. Dr. Tilman Harlander von der Universität in Stuttgart zitiert bei der o.g. Veranstaltung der Stadt Franfurt und hr-Info Durchschnittspreise im Luxussegment für Eigentumswohnungen von 7.200 EUR pro qm-Wohnfläche (Neubau-Wohnhochhaus), ich selbst kann von einer im März abgeschlossenen Transaktion in einer A-Lage von Frankfurt berichten, bei dem ich bei der Veräußerung einer Eigentumswohnung 1988er Baujahrs rund 5.000 Euro/qm für meinen Kunden erzielt habe. Ein kreditfinanzierter Ankauf ist bei diesen Preisen unter Renditegesichtspunkten wirtschaftlich nur sinnvoll, wenn das Objekt als „möblierte Vermietung“ angeboten wird – unter entsprechend höherem Risiko. Dennoch lagen zahlreiche Offerten vor, auch von Kapitalanlegern. Dies scheint aus meiner Sicht bezeichnend für die aktuelle Marktsituation: Die Preise haben übersteuert. Investoren müssen das Risiko erhöhen, um Renditen einzufahren.

Ausblick: BREXIT könnte Frankfurts Immobilienmarkt stützen

Der BREXIT kommt. Mit ihm werden eine Vielzahl von neuen Nachfragern auf den Mietwohnungsmarkt und den Markt für Wohneigentum strömen. Relocation-Dienstleister berichteten bereits zum Ende des vergangenen Jahres von steigenden Anfragen. Die Umzugsbewegung scheint sich derzeit zu verstärken. So erreichen mich Informationen, dass Frankfurts mehrsprachige Schulen steigende Anmeldungen für das zweite Schulhalbjahr erhalten. Überwiegend werden die Mitarbeiter der Finanzdienstleistungsunternehmen versetzt, erhalten also einen „permanenten Vertrag“. Diese sollten nach einer kurzen Eingewöhnungsphase, in der sie zur Miete wohnen, zügig als Nachfrager für Wohneigentum auftreten. Die Nachfrage sollte sich dabei auf größere Immobilien, also Einfamilienhäuser oder große Wohnungen (ab 130 Quadratmenter) konzentrieren.

Auch das Frühjahrsgutachten zeigte sich für den Frankfurter Immobilienmarkt verglichen mit den Märkten der weiteren deutschen Metropolen noch vergleichsweise optimistisch. Die Immobilienweisen führten die Auswirkungen des BREXITs als Begründung an. Hier sehe ich die Annahme der Wissenschaftler auch in der Praxis bestätigt.

Kaufpreise: Mietpreisbremse II ist ein Risiko für Kapitalanleger

Im Mietmarkt könnte die Neuauflage der Mietpreisbremse in der frühen Legislaturperiode zu Verzerrungen führen. Nachdem das aktuelle Bremsgesetz im Mietmarkt kaum Beachtung fand, könnte die Nachbesserung umso dramatischer ausfallen. Mit einer funktionierenden Mietpreisbremse würden Kapitalanlagen weniger wirtschaftlich, wenn nicht gar defizitär (denken Sie an das von mir erwähnte Beispiel). Dies könnte sich zu einem Dämpfer für die Kaufpreise manifestieren, wenn zu viele Investoren zur gleichen Zeit den Exit aus ihren (vermutlich in jüngster Vergangenheit) getätigten Anlagen suchen. Zwar würde die Nachfrage durch Kapitalanleger einbrechen, Selbstnutzer könnten den Nachfrageknick vermutlich kompensieren. Ich halte es für sicher, dass den Frankfurter Wohnungssuchenden nach der Nachbesserung der Mietpreisbremse weniger Mietwohnungen von Privatvermietern zur Verfügung stehen würden.

Richard Nitzsche ist Immobilienmakler in Frankfurt und MünchenDer Autor: Richard Nitzsche ist Immobilienmakler in Frankfurt und München, Autor des Blogs http://www.mietercoach.de und Verfasser  des Ratgebers für Mieter auf Wohnungssuche „Der Mietercoach: Ihre neue Wohnung SUCHEN – FINDEN -BEKOMMEN“ . Er publiziert außerdem eine wöchentliche Immobilienmarktkolumne für den Frankfurter Stadtkurier. Schreiben Sie Ihm auf Twitter oder Facebook

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