Arme Makler, reiche Makler: Wie Bestellerprinzip & Co. die Immobilienbranche durcheinander wirbeln

Die Angst vor einer Einführung des Bestellerprinzips beim Immobilienverkauf gräbt aktuell Sorgenfalten in die Minen vieler Immobilienmakler. Das Bestellerprinzip, nun auch beim Hauskauf, wäre aber nur die Spitze des Eisberges in einer von Reformen und Neuerungen gebeutelten Maklerbranche. 

Noch vor wenigen Jahren war alles Anders, alles Besser. Maklerhäuser schossen wie Pilze aus dem Boden. Geld verdienen war leicht im Immobilienmarkt, die Eintrittshürden hingen niedrig. Die Gier nach leicht verdientem Geld drängten ungelernte Glücksritter in das Marktsegment und die Qualität sank. Doch wie konnte es überhaupt soweit kommen?

Die Lizenz zum Gelddrucken

Über Jahrzehnte hatte sich die Branche in gesicherten Strukturen festgesetzt. Die für die Maklertätigkeit wesentlichen Gesetzestexte, BGB und Wohnungsvermittlungsgesetz, spielten Immobilienmaklern im Internetzeitalter in die Karten. Ursprünglich entstammten die Texte einer analogen Zeit. Es war eine Zeit, in der das Maklerhaus selbst als Immobilienbörse fungierte. In den 80er Jahren führten Makler Angebot und Nachfrage noch mit eigener Schaffenskraft im Schweiße ihres Angesichts zusammen. Es wurde eifrig telefoniert, Makler wählten täglich hunderte Rufnummern, beschwerlich auf der Wählscheibe Ihres Telekom- Telefons. Man war unterwegs, zu Fuß in der Nachbarschaft, mit dem Auto, verschickte Exposés postalisch oder mit dem Faxgerät.
In der digitalen Welt hatten Immobilienbörsen diese wichtige Funktion übernommen. Plötzlich war der Makler nur noch ein Marktteilnehmer, der das System bediente. Durch das veraltete Gesetz profitierte er jedoch die Marge des Market-Makers. Eine Lizenz zum Geld drucken! Aber je mehr Kraft die

Wohnungssuche und Mietenwahnsinn: Experte Richard Nitzsche zugeschaltet von der Frankfurter Börse
Der Autor:  Richard Nitzsche 

Landflucht-Bewegung aufnahm, je stärker der Druck auf die innerstädtischen Immobilienmärkte wurde, umso deutlicher zeigten sich die Asymmetrien auf dem Wohnungsmarkt in den Ballungszentren. Die Maklerbranche rückte in den Fokus der Öffentlichkeit; es wurde zur Frage der Zeit, bis die Politik den Unmut der Bürger aufnehmen und auf den Missstand reagieren würde.

EnEv2014 und Widerrufsrecht machen Maklern das Leben schwer

Aber ersteinmal legte die wachsende Bedeutung des Verbraucherschutzes innerhalb der europäischen Union den Immobilienvermittlern erste Steine in den Weg. Bereits die Verschärfung der Energiesparverordnung EnEv2014 war für Makler ein echtes Ärgernis. Seit deren Inkrafttreten muss in Immobilienanzeigen der Energiekennwert der Immobilie ausgewiesen werden – außer das Gebäude steht unter Denkmalschutz oder der Mieter sucht selbst einen Nachmieter. Eine scheinbar unbedeutende Neuerung, die jedoch für die Trittbrettfahrer unter den Vermittlern eine massive Konsequenz nach sich zog: Aus der Regelung ergab sich die Notwendigkeit, zunächst mit dem Immobilieneigentümer in Kontakt zu treten, bevor eine Anzeige für die Immobilie ins Internet gesetzt wurde. 

Zwar war „Makeln ohne Auftrag“ grundsätzlich verboten, gerade Newcomer mit unstetigem Kundenstamm nutzten diese Art der „Immobilienarbitrage“ jedoch gern aus – ein Fehlverhalten des Makler war kaum nachzuweisen. Schlimmstenfalls lehnte der Eigentümer die Dienste des Maklers ab. Eigentümer, die ihre vakante Wohnung im Lokalblättchen inserierten, fanden häufig noch am Tag dessen Erscheinens sogar mehrere Immobilienanzeigen mit identischen Angaben von Ihrem Objekt – von verschiedenen Maklern. 

Meldeten reagierten Interessenten auf die Anzeige, bewarben sich die Makler um einen Termin beim Eigentümer. Beim Ersttermin entstanden Fotos, die der bestehenden Anzeige im Internet ergänzt wurden – häufig auch ohne Wissen des Eigentümers. Viele Immobilienbesitzer nahmen diese „Wildmakelei“ einfach hin, schließlich löste der Maker kostenfrei ihr Problem; die Rechnung schrieb er dem Interessenten. Der Satz „Ich habe da einen Kunden, auf den Ihr Mietobjekt passen könnte“, kam nach Einführung der EnEv2014 schon deutlich seltener über die Lippen von Immobilienmaklern. Auch das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen erschwerte Maklern nach 2014 das Geschäft. Um dem Interessenten eine Aussenprovision rechtskräftig zu belasten, musste der Mieter / Käufer seither umfangreiche Bestätigungsklauseln unterschreiben.Bestellerprinzip & Co.: Reformen auf dem deutschen Immobilienmarkt

„Ich habe einen Interessenten für Ihre Immobilie“

Mit Einführung des Bestellerprinzips bei den Mieten im Juni 2015 blieb Immobilienmaklern diese Standardfloskel nun endgültig im Hals stecken. Insertionen muss seither der Eigentümer bezahlen.  Für Vermittler bedeutete die Reform 2015 den ersten schweren Einschnitt. Bei einer Mehrheit der Immobilienbetriebe brachen die Einnahmen im Segment Vermietung ein oder fielen bleiben vollständig aus, weil die Unternehmen das Marktsegment nicht mehr bedienen konnten. Nur wenige Maklerhäuser konnten von der Reform profitieren. Mein Unternehmen, VermieterPRO, gehörte im Frankfurter Raum zu den Gewinnern. Die Unternehmensstruktur lies sich leicht auf den zahlenden Kunden (den Vermieter) zuschneiden und bietet dem Eigentümer, mit ultra-flachen Prozessen und angemessenen Gebühren einen echten Mehrwert bei seiner Vermietungsbemühung. So ist mein Unternehmen heute eines der führenden Maklerhäuser für die Wohnraumvermietung in der Metropolregion Rhein-Main. Noch immer kritisiere ich, dass das 2015 eingeführte Gesetz aufgrund der „Ausschließlichkeitsklausel“ die echte Immobiliensuche für den Mietinteressenten für Makler unwirtschaftlich gestaltet. Eine Beauftragung des Vermittlers vom Suchkunden ist durch das Gesetz für Maker so unwirtschaftlich unwirtschaftlich geworden, dass es eine Abschaffung des Teilprozesses unternehmerisch sinnvoller war. Ich stellte keine Ausnahme dar: Die wenigsten Makler arbeiten heute für den Mietinteressenten. Die Mieter sparen durch das Bestellerprinzip zwar die Kosten der Maklerleistung, aber ihnen bleibt auch der Zugang zum Wissensvorsprung des Maklers verwehrt. Dadurch ist die Wohnungssuche in der Großstadt für den Mieter zwar günstiger, aber gleichsam schwieriger geworden. Besonders Mieter, die ohnehin Probleme bei der Wohnungssuche haben, werden benachteiligt. 

Flop: Wie der Sachkundenachweis zur Fortbildungspflicht mutierte

Das Bestellerprinzip illustriert treffend, wie politische motivierte, aber fehlerhaft gestrickte Reformen, dem Verbraucherschutz einen Bärendienst erwiesen können. Der im Koalitionsvertrag verankerte und von der Maklerbranche durchaus gewollte Sachkundenachweis für Immobilienmakler, wurde nach politischem Hin- und Her als Fortbildungspflicht eingeführt. Der ursprünglich richtigen Idee folgte eine derart verwässerte Umsetzung, dass der Reform jegliche Kraft fehlt, die Maklerbranche zu bereinigen. Der ursprüngliche Zweck der Gesetzesänderung ist einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Makler-Fortbildungsinstitute gewichen. Nach der Reform sollte sich der Verbraucher eigentlich darauf verlassen können, dass der zugelassene Immobilienvermittler zumindest über ein Mindestmaß an Kompetenz verfügt.
Am 15.Mai besuche ich den Hessischen Immobilientag. Es handelt sich um eine Tagungsveranstaltung des IVD-Mitte. Im Kleingedruckten ist angegeben, dass sich IVD-Mitglieder die Veranstaltung (Gegen eine Gebühr von 50 EUR) auf ihre Fortbildungspflicht anrechnen lassen können. Dass ein Konferenztag mit thematisch leichter Kost (es spricht bspw. ein Teilnehmer aus „Die Höhle der Löwen“) als Fortbildungsrelevant gilt, zeigt, wie ein weiteres Mal Augenwischerei betrieben wurde. Ähnlich des aktuellen Standes beim Bestellerprinzip für den Hauskauf hatte es wohl gar kein Agreement unter den Koalitionären gegeben. Um das Nischenthema schmerzfrei abzuräumen, wurde einfach „irgendetwas“ beschlossen, das dem Maklerkunden suggerierte, die Branche sei kompetenter geworden.
Obwohl der IVD nun 50-EUR-Ablassbriefe an seine Mitglieder verkauft, möchte ich den Immobilienverband an dieser Stelle doch in Schutz nehmen, er hatte sich im gesamten Gesetzgebungsprozess für einen echten Sachkundenachweis eingesetzt. 

Mietpreisbremse: Für Makler sinnvoll

Mit Einführung der Mietpreisbremse, die zu Jahresbeginn 2019 verschärft wurde, stieg auch der Beratungsbedarf der Vermieter hinsichtlich potenzieller Ausnahmeregelungen. Für Immobilienmakler in Ballungszentren ist das Gesetz eher ein Vorteil, hier können sie mit Fachwissen über die Schlupflöcher beim Kunden glänzen. An den wenigen Immobilien, die tatsächlich dem Bremsgesetz unterliegen und deren Preis deshalb tatsächlich künstlich reguliert werden muss, steigt zudem die Nachfrage ins Bodenlose, so dass Eigentümer nun erst recht einen Vermittler engagieren (wollen), um  ihre Telefonleitungen zu entlasten. Der Makler, jetzt als echter „Türöffner“ tätig, bewahrt den Eigentümer davor, von Interessenten in den Abendstunden und am Wochenende in ihren Privatwohnungen heimgesucht und bedrängt zu werden. Es sind Verwerfungen, die die Politik bei der Reform unberücksichtigt lies, obwohl das Problem bekannt war bzw. gewesen sein müsste – eine klassisches Resultat, wenn Sachpolitik zur Klientelpolitik verkommt. 

Bestellerprinzip 2019/2020: Retortenbaby für ein Tauschgeschäft?

Diese selbe Gefahr droht nun auch bei der Einführung des Bestellerprinzips beim Immobilienkauf. Die Sozialdemokraten wollten und wollen beim Wähler punkten. Die wenig reflektierte Herangehensweise an die Reform spricht den Verantwortlichen echtes Interesse an Missständen beinahe ab; anderenfalls wäre man in der Folge des Wohngipfels noch einmal an den Koalitionspartner herangetreten und hätte gemeinsam ein für beide Koalitionäre tragfähiges Konzept ausgearbeitet. Sollte die Reform scheitern, bleibt am Ende die Vermutung, dass das Bestellerprinzip als künstliches Konstrukt, als Retortenbaby von Ministerin Barley herausgezüchtet wurde: Die perfekte Tauschware, um „JA-Stimmen“ für ein anders SPD-Gesetz, beispielsweise ein „JA“ für die Grundsteuerreform von Finanzminister Scholz, einzutauschen. 

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