Mietendeckel, politisches Risiko, Immobilienblase, Einkommensungleichheit: Die Immobilien-Themen der KW 9/2020

Der Mietendeckel sitzt den Marktteilnehmern im Immobilienmarkt zu Beginn der KW9/2020 weiterhin in den Knochen. Am Sonntag ist der Mietendeckel in Berlin in Kraft getreten. Könnte das hoch umstrittene Gesetz auf andere Metropolen ausgeweitet werden und den lokalen Immobilienmärkten empfindliche Schaden zufügen? Die sogenannten „politischen Risiken“ entwickeln sich zu der Thematik, die Immobilieninvestoren im Segment Wohnen derzeit am Stärksten beschäftigt. 

Politisches Risiko für Immobilieninvestoren steigt

Richard Nitzsche: Makler und Autor von Mietercoach.de
Richard Nitzsche (M.Sc.) ist  Immobilienmakler und Autor des Blogs mietercoach.de. Er kommentiert für Sie aktuelle Entwicklungen auf dem deutschen Immobilienmarkt. Richard Nitzsche ist Autor eines Ratgebers für Mieter auf Wohnungssuche. Er ist regelmäßig in überregionalen Medien präsent. Mietercoach in der  Glamour | in der WELT | im BR-tagesgespräch | in der SWR3 Morning Show

Am Sonntag hat Hamburg gewählt. Die Grünen konnten mit 24,2 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis einfahren, werden hinter der SPD mit 39,2 Prozent die zweitstärkste Kraft. Der Wohnungsmarkt und hohe Mieten in der Hansestadt gehörten zu den Kernthemen vor der Wahl. Laut einer kürzlich durchgeführten Umfrage des NDR befürworten 69 Prozent der befragten Hamburgerinnen und Hamburger staatliche Eingriffe in den Wohnungsmarkt. Es scheint hier nur eine Frage der Zeit, bis die neue Hamburger Bürgerschaft Reformen, die mit dem Berliner Mietendeckel vergleichbar sind, auf den Weg bringen – selbst wenn sich beide Spitzenkandidaten im Wahlkampf noch moderat gegeben hatten.  

Der Ausgang der von Union und FDP eingeleiteten Normenkontrollklage vor dem Verfassungsgericht wird sich maßgeblich auf die künftigen politischen Diskussionen zum Mietendeckel auswirken.

Verfassungsgericht: Urteil zum Mietendeckel für Herbst 2020 erwartet

Ein Urteil werde im Herbst 2020 erwartet, Juristen seien uneinig über den Ausgang des Verfahrens, „entsprechend hoch ist die Rechtsunsicherheit“, schreibt Analyst Jochen Möbert (Deutsche Bank). Möbert prognostiziert in diesem Fall erhebliche Verwerfungen auf dem Berliner Immobilienmarkt. Der Mietendeckel werde den wirtschaftlichen Superzyklus und den Immobilienzyklus für einige Jahre entkoppeln. „Risikoaverse, kurzfristig orientierte Investoren haben Anreize, den Berliner Markt zu verlassen. Für langfristig orientierte Investoren ist Berlin aufgrund des wirtschaftlichen Superzyklus unserer Ansicht nach weiterhin ein attraktiver Markt.“

Trotz Mietendeckel: Wohnimmobilien in Berlin für langfristige Investoren weiterhin interessant

Diese Ansicht teilt auch der bekannte Immobilieninvestor Jakob Mähren. Im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur (dpa) kann Mähren dem Mietendeckel zumindest eine positive Nebenwirkung abgewinnen: Die durch die Reform fallenden Kaufpreise auf dem Berliner Immobilienmarkt schaffen für sein Unternehmen neues Einstiegspotenzial. Mähren betrachtet Berlin auch weiterhin als attraktivsten Immobilienmarkt für Wohnimmobilien in Deutschland. Er glaubt an eine langfristig positive Entwicklung der Metropole. IT-Branche und Start-up-Szene sehe er als „weiterhin stark gefragt“, heisst es in der dpa-Meldung. 

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Mietendeckel befeuert Preise für Gewerbeimmobilien in Berlin

Inzwischen fließt das freigesetzte Kapital in Gewerbeimmobilien, für die der Mietendeckel nicht gelten wird. „Die Investoren weichen von Wohngebäuden auf Büros aus“, erklärt Reiner Rössler, der Vorsitzende des Berliner Gutachterausschusses. Der mittlere Kaufpreis von Gewerbeimmobilien sei in 2019 um 43 Prozent geklettert. 

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Sorge vor der Immobilienblase

Inzwischen bleibt die Sorge vor einer Immobilienblase. Die Bundesbank schreibt im Monatsbericht für Februar 2020 zu den Immobilienpreisen im Jahr 2019 „In den Städten lagen die Preise für Wohnimmobilien indes nach wie vor deutlich über dem Niveau, das durch die längerfristigen wirtschaftlichen und sozio-demografischen Einflussfaktoren gerechtfertigt erscheint.“ Gleichzeitig schwäche sich die Dynamik des Mietpreisanstieges für Neuvertragsmieten weiterhin ab. „Die bislang äußerst kräftigen Zuwächse bei der Wohnungsnachfrage dürften sich im vergangenen Jahr ermäßigt haben“.  

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Steigende Mietbelastung, sinkende Konsumausgaben

 Eine Kolumne der ZEIT kritisiert die zunehmende Mietbelastung der breiten Bevölkerung. „Die rasant steigenden Mieten in Deutschland werden neben dem Klimaschutz und der Gestaltung der Sozialsysteme eines der wichtigsten Politikthemen in den kommenden Jahren sein.“ , schreiben Marcel Fritzsche und Claus Michelsen. Die Wohnkostenbelastung entziehe Verbrauchern der unteren Einkommensschichten Liquidität, die in Konsumausgaben gesamtwirtschaftlich besser angelegt wäre. Durch die geringe Zinsbelastung seien die Wohnkosten für Besserverdiener in den vergangenen Jahren dagegen  um „knapp 10 Prozent gefallen“. Die Wohnkosten liefern damit einen Beitrag zum „Anstieg der Ungleichheit“ in Deutschland. Bei der Ungleichheit der Lebensstandards durch die höheren Mieten handele sich um strukturelle Diskussion, die „das Land noch einige Jahre begleiten“ werde. 

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