Coronavirus: Die Risiken und Spätfolgen für Gesundheit, Wirtschaft und Gesellschaft sind nicht kalkulierbar!

Schon jetzt hat das Coronavirus unser Leben dramatisch verändert. Deutschland steht unter Schock, ist  gelähmt. Ausgangssperren werden die Wirtschaft zum erliegen bringen, aktuell scheint deren Einführung nur eine Frage der Zeit zu sein. Die Börsen befinden sich im freien Fall. Der Schock und die Überforderung konzentriert sich jedoch nur auf die derzeitigen Symptome der Krankheit und deren Behandlung, sowohl für die Gesundheit als auch für das Wirtschaftssystem. Noch am 27.02. – vor knapp drei Wochen –  titelte ein Kommentar der „Welt“: Das Coronavirus sei „kein Schwarzer Schwan“. Ob die Zeitung den Titel heute noch bringen würde? Ebenso stellt sich die Frage nach den Spätfolgen des Coronavirus für die Gesundheit, seinen Auswirkungen auf das Wirtschaftssystem und unsere Gesellschaft.

COVID19: Spätfolgen für die dauerhafte Gesundheit von Erkrankten möglich? 

Die langfristigen Folgen für die Gesundheit von Erkrankten sind aktuell noch nicht abzusehen. Existieren Spätfolgen des Coronavirus? Keiner weiss es! Zwar scheint die Mortalitätsrate aktuell vergleichsweise gering und ist vermutlich fast  ausschließlich für die Risikogruppen (Personen ab 50 mit Vorerkrankung) relevant. Ob das Virus jedoch Spätfolgen für den Körper der heute Betroffenen mit sich bringt, den Organismus womöglich dauerhaft schädigt, darüber kann zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage getroffen werden. 

Insofern wirkt es leichtsinnig, wenn Teile der Bevölkerung die Existenz des Virus schlicht leugnen, wenn der Baumarkt am Samstag vor Publikum platzt und sich Schlangen an den Kassen bilden mit Kunden, die Topfpflanzen und Blumenerde kaufen.  Wie irrwitzig erscheint es bei der aktuellen der Nachrichtenlage, wenn Berufstätige am Dienstagmittag unbetrübt in der Großgruppe zum Mittagsimbiss schlendern. Jüngere oder Fußballfans treffen sich zu „Corona-Parties“ – ein Verhalten, das schlicht asozial wirkt vor der Sicherheit, dass die Verbreitung des Virus Todesfälle – insbesondere bei Alten, Kranken und Schwachen – mit sich bringen wird. ZeitOnline nimmt dieses fragwürdige Verhalten in dem Kommentar „Gefährlicher Wohlstandstrotz“ auf. 

Corona-Virus: Folgen unterschätzt!

„Wir alle, die keine Experten sind, haben das Virus unterschätzt“, sagt EU-Chefin Ursula von der Leyen gegenüber der Zeitung BILD. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese folgenschwere Unterschätzung lediglich auf die Ausbreitung, die Symptome, die Behandlung und die akute Mortalitätsrate im Zuge des Virus bezieht. 

Befeuert nicht abgerufene Liquidität die Inflation?

Hoffen und beten wir, dass sich keine Folgen für Schwangere oder deren neugeborene Kinder, aber auch keine Langzeitfolgen für Erkrankte und zunächst geheilte ergeben werden. Hoffen wir, dass die „Durchseuchung“ planmäßig gelingt und die Zahl der Todesfälle überschaubar bleibt – unnötig zu sagen, dass jeder Todesfall einer zu viel ist. Hoffen wir, dass die Kliniken und das Gesundheitssystem die Last überstehen und nicht unter ihr zusammenbrechen. Helfen Sie uns allen, und stellen Sie soziale Kontakte so gut es geht ein. Gehorchen Sie den Anweisungen und Empfehlung von Politik und Behörden! 

Spätfolgen des Coronavirus: Wirtschaft und das Finanzsystem infiziert?

Die drastischen Handlungen der Politik, die zweifellos aufgrund der oben beschriebenen Argumente zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung richtig sind, hinterlassen eine tiefe Bremsspur mitten im Herzen der betroffenen Volkswirtschaften. Zwei deutsche Autobauer, VW und Mercedes, haben die Produktion eingestellt. Kleinere Unternehmen und Einzelkämpfer fürchten um ihre Existenz. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bekräftigt bei „Hart aber Fair“: „Wir haben so viele Reserven, dass wir versprechen können, dass wir alles tun, dass kein Arbeitsplatz und kein gesundes Unternehmen schließen muss und verloren geht.“, die Formulierung wirkt im Angesicht der aktuellen Situation fast schon hilflos. Börsenexperte Robert Halver (Baader Bank) kommentiert Altmaiers Slugline bei Focus-Online: „Das ist eine ehrenhafte Aussage, sie dient aber nur der Beruhigung.“, es habe noch nie eine Rezession gegeben, in der keine Arbeitsplätze abgebaut worden sind.  

Liquiditätsspritzen verpuffen

Problematisch wirkt auch, dass konventionelle Liquiditätsspritzen keinen Sinn ergeben. Geldpoltiisch dient die Schaffung der Liquidität dazu, den Konsum der Bevölkerung anzufachen. Durch stärkeres Kaufverhalten wird mehr produziert, die Wirtschaft kommt wieder in Gang. Die Transmissionskanäle von induzierter Liquidität sind jedoch durch die aktuellen Maßnahmen blockiert. Wie soll das Geld ausgegeben werden, das in den Wirtschaftskreislauf gelangt? Im Baumarkt und im Restaurant zwischen 8:00 und 13:00 Uhr? Vom Finanzsystem nicht abgerufene Liquidität läuft grundsätzlich Gefahr, in Inflation umgelegt zu werden. 

US-Fed bringt Börsen am Montag zum Kollabieren

Auch die US-Notenbank Fed dürfte verstanden haben, dass Liquidität im Überfluss augenblicklich nichts bringt. Mit ihrer überraschenden Leitzinssenkung am Sonntagabend hatte die Fed sogar eine Panik und einen Kurskollaps an den Börsen ausgelöst – statt den Preisverfall zu stabilisieren. Damit hat die Zentralbank ihren Zinsvorsprung, den sie gegenüber der EZB über die letzten Jahre (richtigerweise) mühsam aufgebaut hatte, an einem Stück wirkungslos verschossen.   

Auch im Geld- und Finanzsystem sind die Spätfolgen des gewaltigen Corona-Schocks nicht absehbar. Es bleibt der Versuch einer Einschätzung der Spätfolgen, basierend auf vorhergehenden Krisen und Erfahrungen: 

Die Börse nimmt häufig vorweg, was die Realwirtschaft zeitverzögert abbildet. Durch den Produktionsstop, der in China übrigens auch zu besserer Luftqualität geführt hat, entstehen Umsatz- und Verdienstausfälle. Für all jene Unternehmen, die bereits vor der Krise am Tropf der niedrigen Zinsen hingen, wird es jetzt richtig eng: Auftragsstornierungen im Mittelstand resultieren weniger Arbeit, mit weniger Arbeit geht gedrosselter Verdienst einher – vielleicht können über Kurzarbeit einige Arbeitsplätze gerettet werden, doch die Verunsicherung bleibt. Weniger Arbeit, fehlende Finanzmittel im Portmonee der Verbraucher, besonders aber der Schock und die Zukunftsangst, die das Virus auslösen wird, führen zu sinkenden Konsumausgaben. Eine Abwärtsspirale beginnt. Börsenkorrespondentin Anja Kohl (ARD) befürchtet eine „Weltfinanzkrise“: „Die größte Volkswirtschaft der Welt, die USA, geht in eine Art Shutdown“. Je größer die Existenzsorgen der Verbraucher werden, umso weniger helfen Liquiditätsspritzen, denn diese werden nicht mehr in Konsum umgesetzt sondern befeuern lediglich die Inflation.

auxmoney - Geld leihen für die Selbständigkeit

Ein weiteres Risiko geht manifestiert sich im Bankensystem. Banken werden in jüngster Zukunft mit steigenden Kreditausfällen durch Unternehmensbankrotte konfrontiert sein. Dadurch könnte das Banken- und Finanzsystem in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Furcht vor einer Kreditklemme kursiert seit einigen Tagen, die F.A.Z. Titelte am 12.03. „Corona-Stresstest für die Banken“, die Krise der Realwirtschaft könne mit „Wucht“ auch die Banken erreichen. Finanztitel sind seit Krisenbeginn an der Börse überproportional unter Druck geraten. In Europa treibt Volkswirten das am schwersten von der Corona-Krise getroffene Land, Italien, die Sorgenfalten auf die Stirn. Die Analysten der Ratingagentur Fitch haben das Rating Italienischer Banken von Stabil auf Negativ gesenkt.

Corona-Rezession: Kreditklemme wird zum Mega-Risiko für Immobilieninvestoren

Immobilienmarkt: Spätfolgen wahrscheinlich

Auch auf dem Immobilienmarkt werden die Auswirkungen des Coronavirus ankommen, wenn auch zeitverzögert. Bestehende Gewerbemietverträge werden aufgrund von Unternehmensinsolvenzen ausgehebelt und beendet, bei der Neuvermietung droht der Preisverfall oder gar der Leerstand, wenn keine mietwilligen Unternehmen mehr gefunden werden können. Akut betroffen durch die sind bereits Bauunternehmen, die Arbeitskräfte aus dem europäischen Ausland beziehen. Sie haben Probleme, ihre derzeitigen Projekte fertigzustellen. An die Eröffnung von neuen Baustellen wollen zahlreiche Betriebe aktuell noch gar nicht denken. Bei der Neubauaktivität könnte es zu einer Drosselung, wenn nicht gar einem Stop kommen – ebenso wie bei den Autobauern. Wer interessiert sich jetzt noch für ein neues, schöneres Eigenheim – wenn die Planungssicherheit für die Zukunft fehlt? Bei einer Kreditklemme könnten Refinanzierungen problematisch werden, auch eine Einschränkung der Kreditvergabe für Neukredite wäre möglich. Schon vor der Krise litten Banken unter den tiefen Zinsen, dies könnte sich noch verschärfen, wenn Kreditausfälle das Eigenkapital der Geldhäuser aufzehren. Mit steigendem Angebot auf dem Immobilienmarkt und fehlenden Käufern verschieben sich zudem die Beleihungswerte nach unten. Hier ein Lichtblick: Verglichen mit dem US-amerikansichen Leihverhalten vor der Finanzkrise scheint die deutsche Kreditwirtschaft vergleichsweise konservativ vorgegangen zu sein. Dennoch sollte ein Rückgang der Immobilienpreise nicht lange auf sich warten lassen. 

Gesellschaft & Politik: Wie schlimm können die Folgen werden? 

Gesellschaften und Politik werden sich nach dem hoffentlich erfolgreichen Durchschreiten der Krise weltweit neu ordnen. Die Corona-Krise wird neue Denkmuster etablieren. Lähmender Protektionismus wird den Welthandel und die bisherig vergleichsweise hohe Reisefreiheit einschränken, wenn nicht blockieren. Die Angst fährt und fliegt mit, sich ein neues, vielleicht noch todbringenderes Virus zu importieren. Wird es weiterhin so hipp bleiben, um die Welt zu reisen? Besinnen sich jüngere Generationen auf andere Werte und Lebensinhalte, als das Kreieren von schicken Selfies an den Traumstränden dieser Welt? Wie „sicher“ ist eigentlich der Besuch im örtlichen Fitness-Studio? Und wie werden wir in Zukunft miteinander umgehen?

Philosophen hoffen, dass uns das Virus (zwar nicht lokal, doch aber mental) näher zusammenführt. Könnte das Corona-Virus gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein neues Wir-Gefühl wecken? Wer im Discounter auf leergefegte Regale blickt, die an die US-Serie „Walking Dead“ erinnern, versteht die Idee als tollkühnen Traum von Idealisten, in dessen Schatten sich die Realität trostlos manifestiert.

Corona: Spätfolgen für die Politik?

Und welche Spätfolgen erwarten die Politik? Je nachdem, wir groß die Katastrophe ausfallen wird, könnten sich tote – oder im Sterben befindliche politische Strömungen erneut etablieren und andere verschwinden. Marc Friedrich prophezeit in seinem Bestseller „Der größte Crash aller Zeiten“ gar von einer politischen Neuordnung der Gesellschaft in neuen Wirtschafts-, Finanz- und Politiksystemen. Auch in Gesellschaft und Politik ist die Zukunft ungewiss und das Ende nicht absehbar.

Es ist Mittwochmorgen, der 18.03.2020, 8:00 Uhr und aktuell sind über 9.000 Deutsche mit dem Corona-Virus infiziert.

Richard Nitzsche: Makler und Autor von Mietercoach.de
Ein Kommentar von Richard Nitzsche (M.Sc.) – Immobilienmakler und Autor des Blogs mietercoach.de. Nitzsche studierte in Frankfurt und Colorado Springs (USA) Finance & Economics. | Nitzsche in der WELT | Mietercoach in der  Glamour | im BR-tagesgespräch | in der SWR3 Morning Show

Sie wollen auf dem Laufenden bleiben über aktuelle Ereignisse und Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt? Abonnieren Sie diesen Blog und erhalten Sie Beiträge direkt per E-mail. 

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.