Die Coronakrise wird für Kleinunternehmer, Selbständige und Arbeitnehmer zur Belastungsprobe. Während die Einnahmen durch das COVID19-Virus wegbrechen bleiben die Mieten für Ladenlokale, Büros und für die eigene Wohnung. Die Bundesregierung will für Mieter in Not erlauben,die Zahlung gewerblicher und privater Mieten einzustellen oder zu reduzieren. Die Regelung soll für drei Monate gelten, in denen der Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen kann. Laut F.A.Z. müsse der Mieter jedoch „glaubhaft“ nachweisen, dass er die Miete aufgrund des Coronavirus nicht bezahlen könne. Außerdem solle die Miete nicht erlassen, sondern lediglich gestundet werden. Dadurch muss der Mieter später nachzahlen. Der Gesetzvorschlag zum Corona-Kündigungsschutz stammt aus der Feder des SPD-geführten Bundesjustizministeriums.
Freibrief für Mieter zu Lasten der Eigentümer?
Der Eigentümerverband Haus und Grund fürchtet nun, das geplante Gesetz, das am Montag das Bundeskabinett und am Mittwoch den Bundestag passieren soll, werde zum einseitigen Freibrief für Mieter. Die Maßnahme sei geeignet, um „Millionen private Eigentümer in die Insolvenz zu treiben“, schreibt Haus und Grund Hessen in einer Pressemeldung. „Nach den derzeit bekannten Plänen will sich der Staat in beispielloser Weise von den fast vier Millionen vermietenden Privatpersonen in Deutschland entsolidarisieren. Sie will Menschen im Stich lassen, die ihren Lebensunterhalt, Unterhaltspflichten und sonstige Zahlungsverpflichtungen aus Mietzahlungen bestreiten und oft zusätzlich als Handwerker oder Kleinstgewerbetreibende massiv von der Corona-Krise betroffen sind“, sagt Christian Streim, Landesvorsitzender von Haus & Grund Hessen.
Corona-Kündigungsschutz: Strukturrisiko für die Immobilienbranche?
Auch der BFW, Bundesverband der privaten Immobilienwirtschaft, kritisiert die Pläne der Koalition: Es gelte darum, bestehende Mietverhältnisse fortzusetzen. Jedoch sollen individuelle Lösungen gefunden werden. „Eine pauschale Stundung aller Mietzinszahlungen für sechs bis zwölf Monate würde die Immobilienbranche, die jeden zehnten Arbeitsnehmer in Deutschland beschäftigt, aber in die Knie zwingen.“ warnt Andreas Ibel, Präsident des BFW.
Unionsfraktion gegen einseitige Umwälzung des Risikos auf dem Vermieter
„Das wirtschaftliche Risiko darf nicht einseitig auf den Vermieter überwälzt werden“, zitiert die F.A.Z Jan-Marco Luczak, rechtspolitischen Sprechen der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, „Man kann Mietern durchaus zumuten, zunächst staatliche Leistungen wie Arbeitslosengeld und Wohngeld in Anspruch zu nehmen, bevor sie ihre Mietzahlungen aussetzen.“ Der Forderung schließt sich der Eigentümerverein Haus & Grund an: Der Verein fordert, der Kündigungsausschluss müsse an die fortlaufenden Bemühungen des Mieters geknüpft werden, Wohngeld zu beantragen. Weiterhin fordert Haus und Grund einen Anspruch von geschädigten Vermietern „auf Unterstützung aus einem Wohn- und Mietenfonds.
Linke und Mieterbund fordern Mieterlass während der Coronakrise
Nicht weit genug geht der Vorstoß den Linken und dem Mieterbund. Die wohnungspolitische Sprecherin der Linken, Carmen Lay, fordert den Stop von Zwangsräumungen, Mietschuldenerlass, sowie einen Stop von Mieterhöhungen während der Krise. Der Mieterbund wollte eine Aussetzung der Mietzahlungen von bis zu einem Jahr durchsetzen. Der bekannte Immobilienjournalist, Michael Fabricius (Die WELT) twittert am Sonntag: „Ist es wirklich realistisch, dass Mieter nach bspw. sechs Monaten eine gestundete Miete nachzahlen können? Müssten nicht auch Vermieter teilw. Einkommenseinbußen einfach hinnehmen, so wie Soloselbstständige, Unternehmen, Arbeitnehmer?“ Erste Vermieter haben Mietzahlungen bereits freiwillig ausgesetzt oder reduziert.

Corona-Kündigungsschutz: Krisenunsinn statt echter Hilfe?
Interessant wird die Ausgestaltung des Nothilfeplans für Mieter und die Belastung, die Vermieter durch fehlende Mieteinnahmen unterm Strich tragen werden. Sind fehlende Mieteinnahmen in Höhe von drei Kaltmieten ausreichend, um Kleinvermeiter tatsächlich in die Insolvenz zu treiben? „Die Mieteinnahme ist Teil meiner Altersvorsorge“, zitiert die BILD den Rentner Wolfgang Hahnen (81), der „zwei kleine Mietwohnungen besitzt“. Und was passiert eigentlich nach den drei Monaten, wenn sich die deutsche Wirtschaft nicht stabilisieren konnte, wenn Mieter ihren Job, die Kleinunternehmer ihre Existenz, verloren haben? Mit der Art des Vorstoßes setzt sich der politische Kurs gegen Vermieter ein weiteres Mal fort. Könnte die Tonalität der Idee nicht ein weiteres Mal Vermieter dazu bringen, ihre Immobilien an Eigennutzer zu veräußern?
Selbiges hat der Mietendeckel offensichtlich schon bewirkt. Prof. Michael Voigtländer (IW) twittert, bezugnehmend auf einen Artikel des Tagesspiegels, am 21.03.: „Es passiert in Berlin genau dass, was alle erwartet haben: Vermieter verkaufen Wohnungen an Selbstnutzer, weil sie so mehr bekommen, als wenn sie zu regulierten Preisen vermieten. Der Zugang zu Mietwohnungen wird mit Mietdeckel viel schwieriger.“ Wäre die kurzfristige Übernahme der Miete, eine Art unkompliziertes Sonder-Wohngeld, nicht das bessere und vielleicht auch das gerechte Mittel der Wahl?