Seit der laufenden Woche KW16/2020 werden die Marktteilnehmer am Immobilienmarkt der Entwicklung des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) orakelgleiche Eigenschaften zuschreiben – noch stärker, als dies bisher schon der Fall war. Denn mehrere Studien, unter anderem eine vielbeachtete Ausarbeitung des Analyseunternehmens empirica, verknüpfen die kurzfristige Entwicklung der Immobilienpreise mit der Reaktion der deutschen Volkswirtschaft auf die Coronakrise: „Je stärker und je länger die Rezession, desto schärfer der Preiseffekt.“, heisst es in der am 11.April veröffentlichten Untersuchung, „Da eine Rezession unvermeidlich ist, gilt dies auch für die Entwicklung des Kaufpreises.“ Bislang unterstellten Marktteilnehmer lediglich negative Auswirkungen der Coronakrise auf die Immobilienpreise. Mit Veröffentlichung der empirica-Studie werden diese Unterstellungen immer mehr zur unangenehmen Gewissheit.
Mittelfristiger Preisverfall: Korrektur der Kaufpreise von bis zu 25 Prozent erwartet
Mittelfristig könnten die Immobilienpreise im schlimmstenfalls bis zu 25 Prozent einbrechen. Ursache für die Korrektur seien „Notverkäufer“, die aufgrund der Coronakrise in Liquiditätsengpässe geraten. Sie bilden eine implosive Kombination in einem Mix aus steigenden Zinsen und insgesamt geringerer Nachfrage nach Immobilien, die die Marktpreise schließlich unter Druck setzen werde.
Auch der Mietmarkt bleibe nicht unberührt, die Auswirkungen der Coronakrise auf die Mieten seien jedoch weniger drastisch als die erwartete Reaktion der Kaufpreise auf die Talfahrt der deutschen Wirtschaft. Langfristig prognostizieren die Analysten dennoch eine Stabilisierung der Bewegung, die sich mit der von empirica unterstellten, schnellen „Erholung des BIP im Jahr 2021“ ergeben werde. Die vollständige Studie können Sie hier abrufen.
Zur benannten „vermuteten“ Erholung des BIP existieren jedoch unterschiedliche Modellannahmen. Eine Modellierung der Bank for International Settlements (BIIS), die sich auf die Entwicklung der globalen Wirtschaft bezieht, hält deutlich ungünstigere Szenarien für denkbar – insbesondere, wenn die Pandemie in mehreren Wellen verlaufen sollte.

Pressespiegel: Crash, Korrektur oder Chance zum Immobilienkauf?
Die Bildzeitung verabschiedet am Mittwoch die zehnjährige Hausse auf dem Immobilienmarkt. BILD sagt dem „Immo-Boom“ „bye-bye“ und titelt: Preise stürzen krass ab – Kommt jetzt der Corona-Crash am Immo-Markt“. Experten beurteilen die Lage differenziert: In einem Podcast der Zeitschrift Capital sagt der bekannte Immobilienökonom Prof. Michael Voigtländer vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), der Immobilienmarkt werde „besser als andere Anlageformen durch die Krise“ kommen. Jedoch rechnet auch er mit fallenden Wohnimmobilienpreisen bedingt durch geringere Einkommen durch die nahende Rezession. Der Focus fragt: „Corona-Crash am deutschen Immobilienmarkt?“ Das Fachmagazin Haufe Immobilien betont in der Überschrift, der Preisverfall bei Immobilien werde nur kurze Dauer haben. Der Stern titelt: „Die Stunde Null – Immobilien nach dem Corona-Schock (…)“ und betont, die Coronakrise für mutige Käufer einen geeigneter Einstiegszeitpunkt sein.
Weitere Immobilien-Themen der KW16/2020
Virtuelle Besichtigungen in der Kritik: Mieterbund betont Rücktrittsrecht bei online abgeschlossenen Mietverträgen
Aufgrund der Coronakrise steigen Makler und Vermieter notgedrungen auf Online- bzw. Virtuelle Besichtigungen um. Der Mieterbund informiert Mitglieder und Mieter auf der Website zum Widerruf von elektronisch geschlossenen Mietverträgen: „Konnte der Mieter die Wohnung nur online besichtigen und schließt er dann per Mail, Brief oder telefonisch einen Mietvertrag ab, steht ihm gegebenenfalls ein Widerrufsrecht zu, sollte die Wohnung nicht dem entsprechen, was sich der Mieter aufgrund der Online-Besichtigung vorstellen durfte.“, heisst es im Beitrag „Mieterschutz zu Corona-Zeiten“. Durch die Besichtigung werde das Widerrufsrecht im Regelfall aufgehoben, der Justiziar des Mieterbundes argumentiert, das Erlöschen des Rücktrittsrechts aufgrund der physisch durchgeführten Besichtigung gelte NICHT für „Online-Besichtigungen“.
Coronakrise: Neue Chancen für Wohnungssuchende
Mieter auf Wohnungssuche können aus der Coronakrise auch Vorteile ziehen. Die Branche ist im Umbruch, teile des Immobilienmarkts gelten als Eingefroren. Insbesondere für Mieter, die vor der Krise Probleme hatten, den Zuschlag für die Traumwohnung zu erhalten, könnten von der derzeit vorherrschenden Konfusion, wie auch von den Ängsten von Vermietern vor Leerstand und Mietausfall profitieren.
Berichte aus dem Immobilienmarkt: Sämtliche Wochenberichte im Überblick
Zu den Immobilien-Themen (KW 17/2020): Wohnungsmarkt: Alles beim Alten – nur anders!
Zu den Immobilien-Themen (KW 15/2020): Coronakrise: Branche erwartet fallende Immobilienpreise – Immobilienmarkt vor dem Crash?
Zu den Immobilien-Themen (KW 13+14/2020): Corona-Alltag: Immobilienmarkt auf der Suche nach neuer Normalität
Zu den Immobilien-Themen (KW 12/2020): Coronavirus friert Immobilienbranche ein: Angst vor fallenden Immobilienpreisen
Zu den Immobilien-Themen (KW 11/2020): Corona-Crash: Immobilienmarkt fürchtet Bankenpleiten
Zu den Immobilien-Themen (KW 10/2020): Corona-Virus, WG-Mieten, Mietendeckel