Immobilien: Investoren suchen die Chancen der Coronakrise (Themen aus dem Immobilienmarkt KW 18/2020)

Die Auswirkungen der Coronapandemie werden Investoren dazu zwingen, den Immobilienmarkt mit all seinen Ausprägungen neu zu denken. Wie schwer den Marktteilnehmern diese Neubewertung fällt, wird täglich deutlicher. Im Immobilienmarktüberblick Q1/ 2020 von JLL Research heisst es mit Blick auf die umfangreichen Hilfspakete und die dadurch freigesetzte Liquidität: Die Folgen für Investoren und Kapitalgeber seien langfristig „gar nicht absehbar“. Jedoch könnten die Inflationsgefahren „langfristig deutlich“ zunehmen. Trotz Coronapandemie seien jedoch aktuell noch zahlreiche institutionelle Investoren auf der Suche nach lukrativen Immobiliendeals. Insbesondere von Investoren „asiatischer Herkunft“ erwarten die Analysten anhaltende Kauflaune, falls sich Investitionsmöglichkeiten ergeben sollten.


Auf der anderen Seite des Ozeans berichtet das Wall Street Journal, Asset Manager könnten sich vor der Kapitalflut nicht retten: Anleger, die in „Distressed Real-Estate Funds“, also not-leidende Immobilienprojekte, investieren wollen, stehen Schlange: „Wir mussten Investoren fortschicken“, zitiert das Blatt den Vertreter eines Investmenthauses, das in den vergangenen zwei Wochen 1,3 Milliarden Dollar an liquiden Mitteln von diversen Investoren eingesammelt haben will.

Investieren möchte man in Hotelimmobilien, Einkaufszentren oder Büroprojekte. Interessant für die Kapitalgeber, laut Kreisen Staatsfonds und Family Offices, seien genau jene Immobilienprojekte, die durch die Coronakrise derzeit unter die Räder kommen und sich mit einem entsprechend günstigen Einstiegspreis aufkaufen lassen. Von diesen „chancenträchtigen Immobilienprojekten“ könnte es in der nahen Zukunft eine Menge geben: Es gäbe Hinweise dass etwa 11 Prozent der hypothekenbesicherten Unternehmenskredite (MBS) ausfallen könnten, heisst es in dem Beitrag auf des US-Immobiliennachrichtendienstes The Real Deal.  

Kreditklemme? Wir die Kreditwirtschaft zum Problem für den Immobilienmarkt

Immer neue Quellen vermelden eine Änderung des Leihverhaltens von Banken bei der Vergabe von Immobilienkrediten. Im Marktüberblick von JLL heisst es dazu: „(…) sowie die gestiegenen Restriktionen der Banken in Bezug auf das Ausreichen von Fremdkapital.“ Investor Jakob Mähren spricht in einem Interview mit Inside Wirtschaft sogar von einer „Kreditklemme“ , die sich durch die Überforderung der Geldhäuser mit der aktuellen Situation manifestiere.
Mitarbeiter in Quarantäne und Kontakt- bzw. Besichtigungsverbote führten dazu, dass der reibungslose Ablauf zwischen den Abteilungen der Banken nicht mehr gewährleistet sei. Bei der Finanzierung eines Immobilienprojekts müssen zahlreiche Abteilungen zusammenarbeiten. Zudem laufen die Kreditinstitute nach der Anfragenflut, verursacht durch die staatlichen Coronahilfen, am Rande ihrer Kapazitätsgrenzen.

Immobilieninvestor Jakob Mähren: „Wir befinden uns in einer Kreditklemme!“

Corona-Rezession: Realwirtschaft betroffen

Übereinstimmend sehen Volkswirte, Analysten und Investoren die Rezession nahen. Die Schärfe des COVID19-Konjunktureinbruchs definiert dabei, wie signifikant die Krise für den Immobilienmarkt werden könne. Naht jetzt der Immobiliencrash? Dieses Mal sei auch die Realwirtschaft betroffen, schreibt JLL und vergleicht die Coronapandemie mit dem Crash 2008/2009, die lediglich den Finanzmarkt aus den Angeln hob.

Immobilieninvestor Mähren rät Anlegern zur Kapitalhaltung. Liquidität werde zum wichtigsten Gut. Ein Abschwung im Immobilienmarkt oder gar eine Immobilienkrise sei nicht nach sechs Wochen beendet. Einmal gedreht sei ein Trend im vergleichsweise trägen Immobilienmarkt schwer umkehrbar. Er selbst sucht weiterhin nach Anlagechancen, diese werden sich nach seiner Ansicht im Laufe der ergeben.

Wohnimmobilien: Bessere Krisen-Performance als Retail- oder Hotelimmobilien

Die Schwere es Corona-Crashs müsse jedoch für sämtliche Marktsegmente individuell betrachtet werden. Der Markt für Wohnimmobilien werde die Coronakrise aus Sicht des Investors Mähren noch vergleichsweise glimpflich überstehen, während Retail- oder Hotelimmobilien stärker unter Druck geraten könnten. 

Richard Nitzsche: Makler und Autor von Mietercoach.de
Richard Nitzsche (M.Sc.) kommentiert für Sie wöchentlich aktuelle Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt. Folgen Sie diesem Blog und erhalten Sie aktuelle Beiträge direkt via E-mail in Ihr Postfach. Nitzsche ist  Immobilienmakler und seit 2014 Autor des Blogs mietercoach.de, sowie des gleichnamigen Ratgebers für Mieter auf Wohnungssuche.

Immobilien-Themen aus den vergangenen Wochen

Berichte aus dem Immobilienmarkt: Alle Wochenberichte im Überblick


Zu den Immobilien-Themen (KW 19/2020): Nach der Corona-Pandemie: Immobilieninvestoren befürchten Enteignung

Zu den Immobilien-Themen (KW 17/2020): Wohnungsmarkt: Alles beim Alten – nur anders!

Zu den Immobilien-Themen (KW 16/2020): Corona killt Kaufpreise: Immobilienboom beendet

Zu den Immobilien-Themen (KW 15/2020): Coronakrise: Branche erwartet fallende Immobilienpreise – Immobilienmarkt vor dem Crash?

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