Lage auf dem Immobilienmarkt: Steigende Häuserpreise trotz schlechter Konjunkturdaten (Immobilien-News der KW27/2020)

Die Immobilienpreise in Deutschland legen auch in der Corona-Pandemie weiter zu. Das Statistische Bundesamt DESTATIS meldete vergangene Woche einen Aufschlag von 6,8 Prozent im ersten Quartal 2020 für Wohnimmobilien verglichen mit dem ersten Quartal 2019. Der Häuserpreisindex steigt somit weiterhin kontinuierlich an. Preise klettern auf dem Land und in der Stadt: In den BIG7-Metropolen Deutschlands, Frankfurt, Stuttgart, Köln, Düsseldorf, München, Hamburg und Berlin) legten die Preise von Eigentumswohnungen um 7,4 Prozent zu, für Ein- und Zweifamilienhäuser erhielten verkaufswillige Immobilieneigentümer sogar 9,5 Prozent mehr. In mittelgroßen Städten, Gemeinden ab 100.000 Einwohner, stiegen die Preise von Eigentumswohnungen mit durchschnittlich 9,3 Prozent stärker, als die Häuserpreise. Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser konnten um 8,3 Prozent zulegen.


Interpretation: Zwei Szenarien für den deutschen Immobilienmarkt

  • Konjunkturschock erreicht den Immobilienmarkt zeitverzögert
  • Geld- und fiskalpolitische Interventionen befeuern dauerhaft die Immobilienpreise und überkompensierten die negativen Konjunktureffekte der Coronakrise – zumindest auf dem Immobilienmarkt.

Zu Beginn der Coronakrise hatten Ökonomen ein Abflachen der Preisanstiege, sogar einen Preisverfall der Immobilienpreise, vorhergesagt.

Preisrückgänge lassen sich jedoch sowohl bei Kaufpreisen, als auch bei Mietpreisen, aktuell noch nicht feststellen. Immobilieninvestor Jakob Mähren hatte vor einigen Wochen auf eine potenziell zeitverzögerte Auswirkung des Corona-Schocks auf den Immobilienmarkt hingewiesen. 

Sollten Marktteilnehmer also weiterhin perspektivisch mit einem Nachfrageeinbruch und eventuell fallenden Preisen rechnen? Oder werden gegenläufige Marktmechanismen den Schock für den Immobilienmarkt abfedern?

Richard Nitzsche: Makler und Autor von Mietercoach.de
Richard Nitzsche (M.Sc.) kommentiert für Sie wöchentlich aktuelle Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt. Folgen Sie diesem Blog und erhalten Sie aktuelle Beiträge direkt via E-mail in Ihr Postfach.

Negative Effekte von Corona auf die Volkswirtschaft lassen sich schwer ignorieren

Perspektivisch könnten mit steigender Arbeitslosigkeit und krisenbedingt höheren Eigenkapitalanforderungen in der Kreditvergabe ein Teil der Nachfrage auf dem Markt für Wohnimmobilien wegbrechen und das Preiswachstum dämpfen. Auch könnten gehäuft Zahlungsausfälle von Immobilieninvestoren auftreten, wenn deren Mieter aufgrund von Arbeitslosigkeit oder Insolvenz die Mietzahlungen reduzieren oder einstellen. Im Augenblick scheint es tatsächlich fraglich, ob ein Preisverfall im Markt für Wohnimmobilien droht. Zudem wirken die Corona-Maßnahmen von Fiskus und EZB unter Umständen als Preistreiber:

Zentralbanken und Fiskus stimulieren (ungewollt) die Immobilienpreise

Fiskus und Zentralbank fluten die Volkswirtschaft im Rahmen der Hilfsmaßnahmen mit Liquidität. Geld, das investiert werden muss.  In Ermangelung von alternativen Investments, klettern die Assetpreise, insbesondere die Preise von Aktien und Immobilien. Der Deutsche Leitindex DAX hat den durch die Coronapandemie verursachten Crash in weiten Teilen bereits kompensiert, auf Jahressicht verzeichnet der Index lediglich noch geringe Kursverluste im einstelligen Prozentbereich. Deutlich zu erwähnen ist hier, dass es sich um einen ungewollten Effekt der Interventionsprogramme handelt. Eigentlich sollte mit den künstlich gesetzten Stimuli die Wirtschaft angekurbelt werden, stattdessen fungieren die Eingriffe in diesem Szenario als Blasentreiber für die Immobilienpreise.

aktuelle Konjunkturdaten: Arbeitslosigkeit steigt

Jedoch steigt die Zahl der Arbeitslosen weiter. Die WELT meldet am 1.07. unter Bezug auf die Bundesagentur für Arbeit 2,853 Millionen Arbeitslose, ein Zuwachs von 637.000 verglichen mit dem Vorjahr. Gleichzeitig befinden sich 6,83 Millionen Arbeitnehmer aktuell noch in Kurzarbeit, sind also direkt vom Abrutschen in die Arbeitslosigkeit bedroht.
Ebenfalls Anstiege verzeichnet die Zahl der Hartz-IV-Empfänger. Deren Zahl steigt um 152.000 auf 4,076 Millionen. 

Weitere Nachrichten aus dem Immobilienmarkt

Die folgenden Meldungen und Themen haben Marktteilnehmer in dieser Woche außerdem bewegt:

Keine Verlängerung für Corona-Mietstundung für Wohn- und Gewerbemieter

Das Kündigungsmoratorium für durch Corona wirtschaftlich geschädigte Mieter ist zum 1.Juli ausgelaufen. Fortan können Vermieter wieder regulär Kündigungen aussprechen, wenn der Mieter seine Zahlungsverpflichtungen aus dem Mietverhältnis nicht erfüllt. Das Corona-Kündigungsmoratorium hatte Mieter in den Monaten April, Mai und Juni vor der Kündigung durch den Vermieter aufgrund Zahlungsprobleme, die im direkten Zusammenhang mit der Coronakrise entstanden sind, vorläufig geschützt. Die gestundeten Mietzahlungen müssen jedoch nachgezahlt werden. Verschiedene Verbände, wie auch die SPD hatten eine Verlängerung der Kündigungsmoratoriums gefordert. Die Union lehnte eine Verlängerung der Sonderregelung ab und konnte sich mit dieser Auffassung schließlich durchsetzen. “Für eine Verlängerung des tiefgreifenden Eingriffs in das Bürgerliche Gesetzbuch und bestehende Verträge gibt es keine Rechtfertigung mehr”, zitiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland RND Jan-Marco Luczak, den Rechtspolitischer Sprecher der Fraktion aus CDU/CSU. Das Kündigungsmoratorium stand seit seiner plötzlichen Einführung unter scharfer Kritik. 

Umfrage: Trend zum Homeoffice führt zu sinkendem Flächenbedarf bei Büroimmobilien

Homeoffice liegt im Trend! Das Abreiten zu Hause könnte sich als Alternative zum Büro sogar durchsetzen. Das glaubt das Maklerhaus JLL, das eine Umfrage unter Büromietern, Projektentwicklern und Investoren durchgeführt hat. Die befragten erwarten Verschiebungen der Nachfrage in der Folge der Coronapandemie. Die Beschäftigung im Homeoffice werde steigen, daraus würde im Umkehrschluss ein sinkender Flächenbedarf resultieren.

Stimmung bei Eigentümern von Büroimmobilien bricht ein

Das Handelsblatt meldet einen Einbruch der Stimmung bei Immobilieneigentümern. Das Blatt beruft sich auf den ZIA-IW-Stimmungsindex. Insbesondere Eigentümer von Büroimmobilien erwarten fallende Mieten, der Index habe im Q2/2020 das historische Tief von 16,5 Punkten erreicht. Im Vorquartal Q1/2020 lag der Indexwert noch bei 39 Punkten. 

Vonovia zahlt Aktionären Dividende: „Kaum Mietausfälle“

Der führende Wohnungskonzern Vonovia sieht sich nur in geringem Umfang von der Coronapandemie belastet. In einer Meldung des Westdeutschen Rundfunks WDR heisst es, nur wenige Mieter des Konzerns hätten die angebotene Hilfe in Anspruch genommen. Die Jahreshauptversammlung sei am 30.06. online abgehalten worden. Im Rahmen der Versammlung hatte Vonovia die Dividende pro Aktie erhöht. Mieterverbände kritisierten die Dividendenerhöhung. Vergangene Woche war auch der zweitgrößte deutsche Wohnungskonzern, die Deutsche Wohnen, in den DAX30 aufgerückt und hatte die Lufthansa um ihren Platz beerbt.

Ökonom Hans-Werner Sinn fordert Ende des „klimapolitischen Alleingangs der Deutschen“

In einer Sonderveröffentlichung der Ludwig-Erhard-Stiftung mahnt der bekannte Ökonom Prof. Dr. Dr. H.c. mult. Hans-Werner Sinn zum Umdenken. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage sei die aktuelle Klimapolitik „ideologischer Luxus“. Sinn präferiert einen „Ausstieg aus dem Ausstieg aus der Kernenergie“ als saubere und bezahlbare Alternative zur Kohle. Lesenswert. Den Beitrag zum Download finden Sie hier. 

Sinn hatte bereits auf der Jahrestagung des BIIS im Januar gemahnt, die Energiewende könnte die deutsche Industrie abwürgen. Obgleich das Niedrigzinsumfeld für den Immobilienmarkt durchaus als Preistreiber wirkt, begreift Sinn den „Japanmodus“ der deutschen Volkswirtschaft als schwer kalkulierbares Risiko.  

Immobilien-Themen aus den vergangenen Wochen

Berichte aus dem Immobilienmarkt: Alle Wochenberichte im Überblick


Zu den Immobilien-Themen (KW 26/2020): Aufstieg in den DAX: Würde Warren Buffett Aktien der Deutsche Wohnen kaufen?

Zu den Immobilien-Themen (KW 25/2020): Mit WUMMS in die Inflation? Warum auch Immobilien betroffen wären

Zu den Immobilien-Themen (KW 24/2020): Steigende Immobilienpreise nach Corona: Optimisten erleichtert, Experten verhalten

Zu den Immobilien-Themen (KW 23/2020): Auswirkungen des „Umwandlungsverbots“: Preisschub für Eigentumswohnungen, fallende Preise von Mehrfamilienhäusern?

Ein Gedanke zu “Lage auf dem Immobilienmarkt: Steigende Häuserpreise trotz schlechter Konjunkturdaten (Immobilien-News der KW27/2020)

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