Im Rahmen der Serie zu Chancen und Risiken des Immobilienmarkts behandele ich in diesem Beitrag das politische Risiko und dessen Einfluss auf die Immobilienpreise. Der Beitrag illustriert potenzielle Wechselwirkungen, durch die politische Eingriffe in den Wohnungsmarkt zum Risiko für die Immobilienpreise werden.
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War der Terminus „politisches Risiko“ für Marktteilnehmer im Immobilienmarkt vor einigen Jahren noch ein Randphänomen, hat die Relevanz des Risikos durch politische Entwicklung für Wohnungsinvestoren in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Den Verlauf der Entwicklung des politischen Risikos für den Wohnungsmarkt habe ich schon häufig geschildert, dieser Beitrag bietet eine gute Übersicht zur Entwicklung des politischen Risikos im deutschen Immobilienmarkt.
Definition: Politisches Risiko Wohnungsinvestoren
Das politische Risiko für Wohnungsinvestoren definiere ich als die Wahrscheinlichkeit für Verluste oder sinkende Renditen ausgehend von Handlungen oder Aktionen, die sich nicht aus dem freien Markt ableiten, sondern politisch induziert sind.
Den bisherigen Gipfel erreicht das politische Risiko für den Wohnungsmarkt am heutigen Sonntag. Hier wird nicht nur über eine neue Regierung abgestimmt, die Einwohner der Bundeshauptstadt Berlin bestimmen im Rahmen eines Volksentscheids auch, ob Berliner Großvermieter „vergesellschaftet“ werden sollen. „Vergesellschaftlichen“ steht hier schlicht für enteignen.
Bundestagswahl am 26.09.2021 ist richtungsweisend für den Immobilienmarkt
Der heutige Wahlsonntag ist insofern aus zweierlei Blick interessant für den Wohnungsmarkt und die Immobilienpreise:
Zunächst stimmt die gesamte Bundesrepublik in einer richtungsweisenden Wahl über die neue politische Agenda der kommenden vier Jahre ab. Der Wohnungsmarkt und die Immobilienpreise stehen im Zentrum der Diskussion, die Positionen unterscheiden sich maßgeblich. Das bürgerliche Paradigma sieht grundsätzlichen Eingriffen in den freien Markt durch Regulierung (beispielsweise von Mieten, Kaufpreisen und Kaufnebenkosten) eher kritisch. Parteien im linken Spektrum wollen den freien Markt regulieren, bspw. durch Mietobergrenzen, Mietendeckel, und diverse Vorstöße zur Stärkung der Mieterrechte, sowie zur Senkung der Kaufnebenkosten für den Käufer. Mit dem Volksentscheid in Berlin wird gleichzeitig eine symbolische Agenda gefahren, deren abschreckende Wirkung für Wohnungsinvestoren höher sein dürfte, als das faktische Resultat – zumal betroffene Vermieter großzügig entschädigt würden.
Diese politischen Maßnahmen lassen sich aus den Wahlprogrammen ableiten, die zeitnah umgesetzt werden könnten und eventuell zu Verwerfungen der Immobilienpreise führen würden
- bundesweiter Mietendeckel (Die Linke)
- Mietenmoratorium und Ausweitung der Mietpreisbremse, Anpassung der Mietspiegel (SPD)
- Deckelung der Maklerprovision (B90/ die Grünen)
- Bundesweite Mietobergrenze für Bestandsmieten (B90/die Grünen)
- Enteignung von Wohnungskonzernen (Die Linke)
- Umwandlungsverbot, Mietwohnraum in Eigentumswohnungen (Die Linke)
- Beschränkung von Kurzzeitvermietung (Die Linke)
Werden Koalitionen links der Mitte möglich, müssen sich Immobilieninvestoren und Marktteilnehmer, die auf dem deutschen Wohnungsmarkt aktiv sind, auf gravierende Veränderungen einstellen. Doch auch mit einem Wahlsieg des bürgerlichen Lagers weichen die politischen Risiken nicht gänzlich, diese würde die kontinuierlich fortschreitende Entwicklung des politischen Mainstreams lediglich verlangsamen.
So können mieter- und käuferfreundliche, regulatorische Eingriffe auf die Immobilienpreise wirken
Mit der Einführung des Mietendeckels in Berlin von der rot-rot-grünen Landesregierung wurden Wohnungsinvestoren dazu gezwungen, als überhöht definierte Mieten auf eine bestimmte, festgelegte Schwelle abzusenken. Obgleich sich der Vorstoß als rechtlich unwirksam herausstellte, gelten die Vorgänge in Berlin nun als Blaupause für ein zukünftiges Szenario zu einem bundesweiten Mietendeckel. Aus meiner Sicht wäre dies eine programmatische Überschneidung von SPD, Grünen und der Linken, die bei einer Koalition realisiert werden könnte.
So reagieren Marktteilnehmer auf Regulierung, so bringen fallende Immobilienpreise die Immobilienblase zum Platzen
Für das einzelne Marktsubjekt bedeutete diese Regulierungsmaßnahme nun eine Verschlechterung der Position. Im Bestreben, die ökonomische Position wieder zu verbessern, kamen Exitszenarien der Marktteilnehmer zum Tragen. Einerseits entwickelte sich aufgrund des weiterhin hohen Nachfragedrucks ein Schattenmarkt, der an die Wohnungsvergabe gekoppelt war. Andererseits entschlossen sich zahlreiche Eigentümer zum Verkauf ihrer Immobilie. Aus diesem Grund war ein Knick der Preise für Eigentumswohnungen im vergangenen Jahr zu erkennen, der jedoch durch das Grundsätzlich verkäuferfreundliche Marktumfeld kompensiert wurde. Nach der Einführung des Mietendeckels sanken die Preise für Eigentumswohnungen. In der Fläche und im Zusammenspiel mit anderen, potenziell ungünstigen Faktoren, könnte so eine Negativspirale in Gang gesetzt werden, die schlimmstenfalls in den Immobiliencrash und in eine Wirtschaftskrise führt. Im Nachgang ließe sich dann ein Platzen der Immobilienblase vermelden.
Politische Regulierung hat Signalwirkung für Investoren
Investorenunfreundliche Regulierungsmaßnahmen, wie beispielsweise der Mietendeckel, haben gleichzeitig immer eine Signalwirkung an Investoren, die vor der Wahl stehen, in den deutschen Wohnungsmarkt zu investieren und für die mit steigender Regulierung die Attraktivität eines Investments sinken dürfte. (Anders verhält sich dies im Übrigen in grundsätzlich unregulierten Märkten, in denen neue Regulierung durchaus auch Rechtssicherheit mitbringt und unter Umständen einen Schub der Investmentaktivität bewirken KANN – nicht muss. Da der deutsche Mietmarkt jedoch aus meiner Sicht bereits überreguliert ist, sind weitere politische Regulierungsvorstöße grundsätzlich als Investorenunfreundlich einzustufen.)
Weitere Nebenwirkungen von Gesetzesänderungen
Kritisch zu diskutieren sind zudem Nebenwirkungen von Gesetzesänderungen bei flächendeckenden Gesetzen. Ein deutschlandweiter Mietendeckel würde auch auf ländliche Regionen Anwendung finden, in denen das Angebot an Wohnraum schon heute die Nachfrage übersteigt. Gleichzeitig könnte die Bautätigkeit sinken. Häufig erreichen politische Regulierungen im Markt das genaue Gegenteil. Ein Beispiel: Mit der Mietpreisbremse sollten Mieter in Ballungszentren unterstützt werden, die sich keine Wohnung zu Marktpreisen leisten können. Eine funktionierende Mietpreisbremse führt zu flächendeckend sinkenden Preisen bei gleichzeitig (idealerweise) konstantem Angebot. In der Folge wird sich der Eigentümer, im Bestreben sein Risiko zu verringern, aus allen Interessenten erst recht einen Mieter auswählen, der besonders viel verdient. Grund: Die Mietpreisbremse verbietet dem Vermieter, mit höherem Risiko (das er bspw. eingeht, wenn er an einen Mieter mit schlechter Bonität vermietet) mehr Rendite zu erwirtschaften. Mit dem Verbot optimiert das Marktsubjekt somit den Geschäftsvorgang hin zum geringen Risiko. Dadurch scheiden Mieter aus dem Auswahlprozess aus, für die die Mietpreisbremse eigentlich eine Entlastung bringen sollte. Ähnlich verhält es sich bei dem 2015 eingeführten Bestellerprinzip im Mietmarkt. Der kosten oder organisatorische Aufwand des Vermieters bei jedem Mieterwechsel stieg – insofern ist der Vermieter seither bemüht, Mieterwechsel zu unterbinden, bspw. durch Einführung einer Mindestmietdauer in Mietverträge und legt die Kosten des Maklers bzw. seinen Eigenaufwand bei der Mietersuche auf die Miete um. Flächendeckend erhöhen sich mit diesem Vorgang zudem die Kaltmieten.
Der Autor: Richard Nitzsche ist Immobilienmakler in Frankfurt. Er hat Finance & Economics in Frankfurt und Colorado Springs studiert, schreibt seit 2014 den bekannten Immobilienblog mietercoach.de und ist als Experte für den Immobilienmarkt regelmäßig in überregionalen Medien präsent.
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