Gewaltige 4,5% Inflation weisst das Statistische Bundesamt für Deutschland im Oktober aus, die USA verzeichnen sogar eine Teuerungsrate von 6,2%. Was vor einigen Jahren zur Panik an den Börsen geführt hätte, wird heute einfach so hingenommen. Der Deutsche Aktienindex DAX40 verzeichnete diese Woche ein weiteres Allzeithoch; der Aktienmarkt hat sich an die Meldungen zur emporschnellenden Teuerung gewöhnt. Zentralbanken beteuern derzeit (noch), es handele sich um ein vorübergehendes Phänomen, das im Besonderen mit Sondereffekten im Nachgang der Coronakrise verknüpft sei. Doch viele Volkswirte schenken dem Zentralbanknarrativ keinen Glauben mehr; sie erwarten anhand der explosionsartig gestiegenen Geldmenge nun dauerhaft hohe Inflationsraten.
- Volkswirte rechnen inzwischen mehrheitlich mit dauerhaft hoher Inflation (entgegen EZB-Prognosen)
- Immobilienpreise im Bestand werden sich weiter verteuern, sie übernehmen als Sachwerte die Wertspeicherfunktion des Geldes beim Preisverfall
- Inflation schlägt beim Anziehen der Konjunktur voll durch: Deutschland im Oktober 4,5%, USA 6,2%
- Baupreise steigen: Lieferengpässe, Rohstoffknappheit
- Preisentwicklung in Zukunft: Klimawandel und Arbeitnehmerknappheit werden Preise für Neubau-Immobilien weiter verteuern
Wie sich die EZB in die politische Abhängigkeit manövrierte
Auch Sebastian Becker von DB Research begreift die Inflation nicht mehr als vorübergehenden Zustand. Im Rahmen des BIIS-Markttalks macht er deutlich, dass immer mehr Volkswirte vom Lager der Zentralbankjünger in das Lager der Realisten wechseln; man hangele sich in der abgelaufenen Dekade von Krise zu Krise. Mit jeder Krise seien die Defizite größer geworden. Ein Zusammenbruch konnte nur verhindert werden, weil die Zinsen der Staaten künstlich niedrig gehalten wurden – mit billigem Zentralbankgeld. Dies führte zum Regimewechsel der Zentralbankpolitik. Hatte sich die Europäische Zentralbank EZB bisher allein der Preisstabilität verpflichtet gefühlt, muss sie nun dem Staatsbankrott von hochverschuldeten Eurostaaten gegegensteuern; die einst unabhängige Zentralbank gerät in die politische Abhängigkeit: Durch den so herbeigeführten Regimewechsel werden dauerhaft hohe Inflationsraten wahrscheinlicher, meint auch Becker von der Deutschen Bank.
Deutsche Wirtschaft nimmt an Fahrt auf: Inflation zieht an
Die Deutsche Wirtschaft hat Corona zunächst überwunden und wieder an Fahrt aufgenommen. Dies führe nun dazu, dass sich die aufgeblähte Geldmenge im Wirtschaftskreislauf in steigender Inflation umsetze. Für Bestandshalter von Immobilien sind dies keine schlechten Nachrichten. Becker erwartet weitere Preissteigerungen bei Immobilien, die als Sachwerte die Wertspeicher- und -Erhaltungsfunktion des Geldes übernehmen werden.
Baubranche: Baukosten steigen durch Beschaffungsprobleme
Probleme durch die Inflationsentwicklung zeigen sich jedoch in der Baubranche. Die Baukosten sind jüngst massiv gestiegen; auch coronabedingte Lieferprobleme waren dafür verantwortlich, meint ein Experte des Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. im BIIS-Markettalk. Ein Problem, das wechselseitig wirkt: Durch die allgemeine Teuerung steigen die Preise, Lieferkettenprobleme wirken gleichsam als Preistreiber.
Bauunternehmer hamstern Rohstoffe
Um arbeitsfähig zu bleiben hamstern Bauunternehmer Rohstoffe und müssen bei der Beschaffung von Baumaterial größeren Aufwand betreiben. Dies führt zu einer Verteuerung der Quadratmeterpreise in der Erstellung und schließlich einer weiteren Verteuerung von Neubauimmobilien.
Zukunft: Klimaschutz und Arbeiterknappheit werden Baupreise weiter verteuern
Obgleich sich die Lieferkettenprobleme entspannen, werden die Probleme für die Immobilienwirtschaft nicht geringer. Wie stark wird der Klimaschutz in die „Wertschöpfungskette Bau“ eingreifen, fragt man sich hier; Klimaschutzmaßnahmen dürften auch die Preise der Erstellung von Neubauten weiter treiben. Inflationstendenzen, die aufgrund von Lieferengpässen verursacht wurden, werden künftig wohl durch Inflation aufgrund höherer Arbeitslöhne ersetzt, denn der Baubranche fehlt massiv Personal. Insbesondere der Anteil an ausländischen Beschäftigten ist zwischen 2017 und 2020 stark gefallen – mit ausländischen Arbeitnehmern wurde bislang die Personallücke kompensiert. Nun schlägt die demographische Entwicklung im Baugewerbe voll durch – es gehen mehr Arbeitnehmer in Rente, als neue Arbeiter nachkommen.
Der Autor: Richard Nitzsche (M.Sc.) ist seit 2012 Immobilienmakler in Frankfurt. Nitzsche hat Finance & Economics in Frankfurt und Colorado Springs (USA) studiert. Als Autor des Ratgebers Der Mietercoach: Ihre neue Wohnung SUCHEN – FINDEN – BEKOMMEN, sowie des gleichnamigen Immobilienblogs ist Nitzsche regelmäßig als Experte für den Immobilienmarkt in den überregionalen Medien präsent.
Ein Gedanke zu “Wie wirkt die dauerhaft hohe Inflation auf Immobilien?”