Gerade besonders günstige Immobilien, vielleicht ein wenig weiter draußen auf dem Land, locken Käufer mit Billigpreisen. Der Traum von eigenen Haus ist scheinbar zum greifen nah. Die Betonung liegt auf SCHEINBAR: Nicht erst seit der Sendung „die Schnäppchenhäuser“ auf RTL2 ist bekannt, dass die wahren Kosten von Immobilienschnäppchen seltener in der Anschaffung liegen, als in der Sanierung. Die Serie zeigt eindrucksvoll, wie sich Käufer beim Erwerb von günstigen, sanierungsbedürftigen Immobilien schnell verzetteln. Besonders Käufer, die keinen professionellen Umgang mit Sanierungsimmobilien pflegen, unterschätzen die Kosten und den Aufwand einer Sanierung.
- Günstige Häuser haben oft hohen Sanierungsaufwand
- nicht selten lohnt sich die Sanierung nicht, dies gleicht dem Totalschaden eines PKWs – ein Neubau ist dann sinnvoller.
- Befragen Sie beim Kauf einer ungewöhnlichen oder mängelbehafteten Immobilie immer einen Fachmann, bestenfalls einen Gutachter .
- Kalkulieren Sie in Ihr Budget für den Sanierungsaufwand breite Spielräume als Puffer für unvorhergesehene Probleme oder zusätzliche Kosten.
- Lassen Sie sich auf gar keinen Fall zur Unterschrift unter den Notarvertrag drängen!
Beispiel für unterschätzte Sanierungskosten beim Hauskauf
Auf den ersten Blick wirken die Wellen, die der Putz am Sockel schlägt, vielleicht gar nicht so schlimm. Auch abplatzende Putzteile an den Wänden, wirken nicht dramatisch. Dass jedoch aufsteigende Feuchtigkeit das Haus mittelfristig unbewohnbar macht, sich diese auch nicht „einfach so“ beheben lässt, wird Kaufinteressenten meist zu spät klar; nämlich wenn sie sich das „Schnäppchenhaus“ gesichert haben und erstmals mit Handwerkern sprechen – die dann nur noch zum Abriss des Hauses raten können.
Wie sollten Sie vorgehen, wenn Sie ein besonders günstiges Haus in Aussicht haben und es kaufen wollen?
Ziehen Sie sich einen Fachmann hinzu. Fachleute können professionelle Gutachter sein. Beauftragen Sie einen Gutachter mit der Erstellung eines Mangelgutachtens, erhalten Sie eine Schriftliche Bescheinigung über die Mängel des Gebäudes. Ihr Vorteil: Werden gravierende Mängel übersehen, haftet der Gutachter. Ihr Nachteil: Das Gutachten kostet Geld – zwischen 500 EUR und mehreren tausend Euro sollten Sie einkalkulieren. Meine persönliche Empfehlung: Ich würde das Geld investieren, wenn ich nicht völlig sicher sein könnte. Eine Alternative ist das Hinzuziehen eines Handwerkers Ihres Vertrauens. Handwerker sehen in ihrer Karriere eine Menge Probleme und Schäden und können deshalb den Aufwand häufig gut einschätzen. Die erste Auskunft des Fachmanns wird Ihnen weiterhelfen. Häuser und Autos lassen sich gut vergleichen. Es gibt Häuser, bei denen ist die Reparatur bzw. die Sanierung teurer als der Neubau. Das Problem: Nicht überall dürfen Sie ein ähnliches Haus wieder aufbauen. Wenn Sie das Feedback des Fachmanns erhalten haben, können Sie die benötigten Gewerke um Kostenvoranschläge bitten und erhalten so einen guten Überblick, wie teuer die Instandsetzung werden könnte und wie viel Zeit diese in Anspruch nehmen sollte.
Druck des Verkäufers an sich abprallen lassen
Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen: Ein Verkäufer oder ein Makler, der bei einem günstig angebotenen Haus, das offensichtlich Schäden aufweist, keinen Gutachter zulässt, ist unseriös. Brechen Sie in diesem Fall die Verhandlungen ab und warten Sie auf die nächste Immobilie.
Kapital und Zeit: Puffer einkalkulieren
Wenn ich Kalkulationen zu Sanierungsmaßnahmen anstelle, rechne ich einen großen Puffer ein – sowohl zeitlich, als auch finanziell. Am Beispiel der letzten Monate lässt sich dies gut begründen: Während der Coronakrise kam es zu massiven Verteuerungen der Baumaterialien. Außerdem boomt die Baubranche, sodass Handwerker lange Vorlaufzeiten haben. Hätten Sie Ihr Häuschen im Jahr 2020 gekauft und eine Kalkulation zu den Sanierungskosten angestellt, könnten diese leicht um die Hälfte höher liegen. Auch mussten viele Bauherren im letzten und besonders in diesem Jahr Verzögerungen am Bau verschmerzen. Bauprojekte, die auf Linie kalkuliert werden, scheitern fast immer.
Der Autor: Richard Nitzsche (M.Sc.) ist seit 2012 Immobilienmakler in Frankfurt. Nitzsche hat Finance & Economics in Frankfurt und Colorado Springs (USA) studiert. Als Autor des Ratgebers Der Mietercoach: Ihre neue Wohnung SUCHEN – FINDEN – BEKOMMEN, sowie des gleichnamigen Immobilienblogs ist Nitzsche regelmäßig als Experte für den Immobilienmarkt in den überregionalen Medien präsent.