Der Beitrag zeigt einen Ansatz, mit dem sich virtuelle Immobilien im Metaverse bewerten lassen. Der Leitfaden orientiert sich an herkömmlichen Bewertungsmethoden um sich der Frage zu nähern, wie sich Immobilien in Metaverse-Projekten objektiv bewerten lassen.
In zahlreichen Welten des Metaverse findet bereits heute ein reger Handel mit Immobilien statt. Dabei werden für Immobilien gefühlt horrende Preise aufgerufen. Im Projekt Upland kostet ein Grundstück an der 43sten Straße in Manhattan 100.000 USD (1.000.000 UPX), in Sandbox können Interessenten digitale Grundstücke ab mehreren ETH erwerben. Sind die Immobilienpreise im Metaverse überpreist, teuer oder sogar noch billig?
Aber wie lassen sich Immobilien im Metaverse objektiv bewerten? Finden bei der Immobilienbewertung althergebrachte Modelle Anwendung? Die Bewertung von virtuellen Immobilien wird nicht nur für Immobiliengutachter zur Gretchenfrage rund um das NFT, auch für potenzielle Investoren ist es essentiell wichtig, Immobilien im Metaverse bewerten und Preise vergleichen zu können. In diesem Beitrag finden Sie einen Ansatz zur für die Bewertung digitaler im Metaverse, ein Leitfaden, nach essen Systematik Bewertungsmodelle für digitale Immobilien aufgesetzt werden können. Der vorliegende Ansatz leitet sich aus praktischer Erfahrung bei der Bewertung und dem Vergleich von NFTs ab. Selbstverständlich bleibt bei der Interpretation der einfließenden Größen im neuen Immobiliensegment enormer Spielraum, sodass der vorliegende Beitrag lediglich als Indikation dienen soll und keine Garantie für Erfolg oder Misserfolg einer digitalen Immobilieninvestition darstellt. Insofern ist auch der Rechtsweg und jegliche Haftung für das vorgeschlagene Modell ausdrücklich ausgeschlossen.
Ansätze aus der herkömmlichen Immobilienbewertung lassen sich auf digitale Immobilien übertragen: Der Wert der Immobilie kann auf Basis des Ertragswertes und auf Basis des Sach- bzw. Vergleichswerts ermittelt werden.
Ertragswertverfahren in der virtuellen Immobilienbewertung
Wie in der gängigen Praxis ist das Ertragswertverfahren grundsätzlich anzuwenden, wenn es sich bei der zu bewertenden digitalen Immobilie um ein NFT handelt, mit dem Einkünfte erzielt werden sollen und können. Dabei sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sowie Einkünfte aus dem Betrieb einer Geschäftsstätte auf dem Grundstück denkbar, die ihrerseits Einnahmen erwirtschaftet. Einnahmen sind definiert als Entgelte, die durch Verweilen oder den Konsum von digitalen oder realen Produkten erzielt werden. Dabei kann über die digitale Gewerbefläche eine reale Leistung, bspw. eine Dienstleistung oder ein Produkt vertrieben werden.
Beispiel: Verkauf / Vertrieb einer realen Dienstleistung im Metaverse
Der Verkauf einer realen Dienstleistung wäre beispielhaft der Betrieb eines digitalen Reisebüros, bei dem reale Reisen gebucht werden können.
Beispiel: Vertrieb eines realen Produkts in einer Metaverse-Welt
Der Vertrieb eines realen Produkts könnte beispielhaft durch den Verkauf eines neuen PKW im virtuellen Ausstellungsraum eines Autohauses in einer Metaverse-Welt stattfinden.
Beispiel: Verkauf einer digitalen Dienstleistung in einer Metaverse-Welt
Der Verkauf einer digitalen Leistung wäre beispielsweise der Betrieb eines digitalen Cafés in einer Welt des Metaverses, in dem Nutzer sich mit anderen Nutzern für eine zeitlich befristete oder unbefristete Zeit austauschen können.
Beispiel: Verkauf / Vertrieb eines digitalen Produkts in einer Metaverse-Welt
Beim Verkauf eines virtuellen Produkts handelt es sich um ein weiteres NFT, beispielsweise um ein T-Shirt, das vom Avatar in der Metaverse-Welt getragen werden kann oder um digitale Kunst.
Die prognostizierten Einnahmen über die geplante Nutzungsdauer, sowie den voraussichtlichen Restwerts der Immobilie bei Veräußerung des NFTs, lassen sich im Rahmen eines DCF-Modells nach t0 abdiskontieren. Hierbei ist zu Recht anzumerken, dass die digitale Immobilie und das auf der Immobilie betriebene Geschäftsmodell ineinander verschmelzen können. Dies macht die Abgrenzung ausschließlich optimiert auf den Immobilienwert schwierig. In diesen Fällen empfiehlt es sich, die gesamte Unternehmung zu bewerten, sofern die Blockchain es ermöglicht diese enblock zu veräußern.
Der Autor: Richard Nitzsche (M.Sc.) ist seit 2012 Immobilienmakler in Frankfurt. Nitzsche hat Finance & Economics in Frankfurt und Colorado Springs (USA) studiert. Nitzsche wird regelmäßig als Experte zu den Themen Mieten und Immobilienmarkt von überregionalen Medien befragt.
Sachwertverfahren bzw. Vergleichswertverfahren in der digitalen Immobilienbewertung
Wie in der gängigen Immobilienbewertung finden Sachwertverfahren bzw. Vergleichwertverfahren eher im Bereich der Bewertung von wohnlich genutzten (digitalen) Aufenthaltsräumen Anwendung. Dabei ist differenziert zu beurteilen, ob der Entwickler ausschließlich die Nutzung für Zusammenkünfte zulässt, wie viele Avatare in den Wohnraum eingeladen werden können und ob es betriebsüblich erscheint, dass obgleich vornehmlich privater Nutzung dennoch ein quasi-institutionalisierter Geschäftsbetrieb möglich sein könnte. Sofern private Unterhaltungen in der digitalen Immobilie möglich sind, könnten beispielsweise Psychotherapie betrieben werden. Auch der Verkauf durch die Übertragung von NFTs (Fotos, Kunst usw.) ist in digitalen Räumen grundsätzlich nicht abwegig. Dabei ist zu bewerten, ob dem Nutzer ein Vorteil gegenüber der Aktivität im öffentlichen Raum entsteht, wie üblich eine derartige Nutzung ist und ob üblicherweise durch die Tätigkeit signifikante Erträge erzielt werden. In diesem Fall könnte auch die virtuelle Wohnung oder das digitale Haus nach der Ertragswertmethode bewertet werden. Wird dieser Weg ignoriert, bietet sich eine Bewertung des unbebauten Grundes nach dem Vergleichswertverfahren an – analog zur Bewertung des Bodenwerts innerhalb der herkömmlichen Immobilienbewertung, sowie eine Bewertung anhand der Anschaffungskosten des wohnlich genutzten Aufbaus. Die Wertminderung basierend auf der Nutzungsdauer muss modifiziert werden. Ein Verschleiß wird im Regelfall nicht stattfinden, wohl jedoch eine fortschreitende Modernisierung von NFTs nach deren zeitlicher Erstellung. Ist eine standardisierte Modernisierung über alle Immobilien der Metaverse-Welt über den Betreiber gegeben oder hat der Nutzer selbst für die Erneuerung Sorge zu tragen? Wird eine vergleichsweise alte Immobilie ceteris paribus günstiger gehandelt, als eine digitale Immobilie mit neuem Aufbau. Wie hoch sind die Anschaffungskosten des Aufbaus? Fallen diese im Verhältnis zum Bodenwert überhaupt signifikant ins Gewicht? Welche Kosten muss der Grundeigentümer schultern, um die Erstellung des Aufbaus von einem Dritten (also einem „Entwickler von virtuellen Immobilien“) erbringen zu lassen
Um die Wertansätze definieren und einschätzen zu können, wird eine Marko-Betrachtung der jeweiligen Metaverse-Welt und der Vergleich zu sämtlichen, am Markt verfügbaren Welten, erforderlich. Hierbei handelt es sich um die große Unbekannte, da zum heutigen Zeitpunkt (Frühjahr 2022) noch völlig unklar ist, welche Projekte sich langfristig durchsetzen und den Großteil des Nutzertraffics auf sich vereinen werden.
Lesen Sie zu der Thematik Wertansätze für die virtuelle Immobilienbewertung den zweiten Teil der Leitlinien für die Bewertung digitaler Immobilien im Metaverse (ab 15.02.2022 verfügbar).
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