Steigende Zinsen für Baufinanzierungen: Wie wahrscheinlich sind jetzt fallende Immobilienpreise?

Die Zinsen für Baufinanzierungen sind dramatisch gestiegen. Wer eine Immobilienfinanzierung benötigt, muss heute – verglichen mit April 2021- doppelt soviel Zinsen bezahlen. Der Zinsanstieg in dieser Dynamik hat sogar Profis überrascht. „Mit einer Normalisierung des Zinsniveaus haben wir 2022 gerechnet. Dass der Anstieg aber so schnell und so hoch ausfallen würde – das war nicht zu erwarten.“, sagt Michael Neumann vom Finanzierungshaus Dr. Klein. Der Markt antizipiere heute die künftige Realität. Gründe für den Anstieg der Zinsen seien die hohe Inflation, sowie der Ukraine-Krieg.

Was bedeuten höhere Zinsen für den Immobilienmarkt?
Logisch ist: Wenn sich die Finanzierung vonImmobilien verteuert, wird der Erwerb der Immobilie vergleichsweise teurer. Konnten sich Interessenten im letzten Jahr einen Kredit in Höhe von 300.000 Euro leisten, können Sie bei heutigem Zins mit der selben monatlichen Zahlamt nur noch die Hälfte, also 150.000 Euro finanzieren.
Hier liefert die sogenannte Standardrate von Dr. Klein eine gute Indikation. Sie weisst die Zahlamt für ein Modeldarlehen zu einem durchschnittlichen Zins aus. Im März 2021 kosteten 150.000 € den Kreditnehmer (mit Zins und Tilgung) durchschnittlich 386 €, im März 2022 publizierte Dr. Klein die Standardrate von 488 €.

Werden die Kaufpreise für Immobilien wegen höherer Zinsen fallen?
Müssen sich Hauskäufer und Eigentümer jetzt auf fallende Immobilienpreise einstellen? „Bei steigenden Zinsen fällt am oberen Ende ein Teil der Käufer weg“, sagt Richard Nitzsche, Immobilienmakler in Frankfurt. Er ist studierter Volkswirt und makelt seit mehr als zehn Jahren, „dies bedeutet allerdings nicht, dass die Preise zwangsläufig sinken oder gar einbrechen; vielmehr bedeutet dies zunächst nur, dass weniger Käufer vorhanden sind, die bei Spitzenpreisen den Markt räumen würden. Bei weiterhin hoher Nachfrage werden andere an ihre Stelle treten – beispielsweise ein Kaufinteressent, der über mehr Eigenkapital verfügt oder über ein höheres Einkommen.“ Bleibt also die Nachfrage nach Immobilien stabil, werden die Kaufpreise nicht korrigieren.

Die Argumentation unterstützt auch Michael Neumann von Dr. Klein. Der Kreditvermittler beobachtet keinen Rückgang bei Finanzieurungsanfragen, lediglich eine sich Eintrübende Stimmung bei Käufern, die schon länger nach einer Immobilie zum Kauf suchen, bisher noch nicht fündig geworden sind gedanklich noch an einer früheren, günstigeren Finanzierungsrate „hängen“, die sie sich bei einem Kauf hätten sichern können. Neumann betrachtet als „limitierenden Faktor“ das Eigenkapital, weniger die Finanzierungsrate; da die Kaufnebenkosten nicht mitfinanziert werden könnten.

Diese Problematik kennt auch Nitzsche. Aus diesem Grund schließt er bei Immobilienverkäufen im Regelfall einen entsprechenden Vertrag mit den Verkäufern und bietet das Verkaufsobjekt dann „provisionsfrei für den Käufer“ an – so kann der Interessent Eigenkapital sparen und unterm Strich eine höhere Summe finanzieren. Die Maklerprovision kommt dann nicht vom Privatkonto des Käufers, sondern von der Bank, das vorhandene Eigenkapital des Käufers kann für Notar, Grunderwerbsteuer und Umschreibungskosten investiert werden.

Nachfrageknick erkennbar – langfristig fallende Preise unwahrscheinlich
Insbesondere mit einsetzen des Ukrainekrieges habe Nitzsche eine Unsicherheit bei Interessenten gespürt die sich auf den Erfolg laufender Verkäufe übertragen habe. „Bei wachsender Unsicherheit warten viele Interessen erst einmal ab. Den selben Effekt konnten wir zu Beginn der Coronakrise erkennen.“, sagt Nitzsche. Da er aber von einer weiter steigenden, wenigstens jedoch einer konstant hohen Inflationsentwicklung ausgehe, sei es aus seiner Sicht wahrscheinlich, dass die Preise langfristig eher steigen weil die Immobilie als „sicherer Hafen“ wahrgenommen werde und vorhandene Liquidität in Immobilien „geparkt“ werde. „Aus diesem Grund könnten sich die Preise von Eigentumswohnungen und Investitionsobjekten perspektivisch besser entwickeln, als die Preise von selbstgenutzten Einfamilienhäusern.“

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