Halloween-Special 2022 (Teil 2): Schutzengel im Frankfurter Altbau

Lesen Sie heute Nacht den Zweiten von drei Teilen des großen Mietercoach-Halloween-Specials 2022. Der Frankfurter Immobilienmakler Richard Nitzsche erzählt drei Geistergeschichten, nur eine basiert auf einer wahren Begebenheit. Erkennen Sie die Illusion? Oder gelingt es Nitzsche, Sie mit seiner blühenden Phantasie zu blenden?

In seinem Podcast / auf seinem YouTube-Kanal hat Richard Nitzsche alle drei Halloween-Geschichten vertont. Schauen Sie doch einmal vorbei.

 

Familie Benz hatte zum ersten Oktober ihre neue Wohnung im Erdgeschoss eines Frankfurter Stadthauses bezogen. Seit einiger Zeit betreute ich die fünf Wohneinheiten der Stadtvilla. Ich war an dem Objekt nicht nur Makler, sondern auch Verwalter. Zugegeben, ich mochte die große, dunkle Immobilie nicht besonders. Das lag nicht an den zugigen Räumlichkeiten des denkmalgeschützten Altbaus. Die Wohnungen waren schick und großzügig. Sie verfügten über hohe Decken und edlen Parkettboden. Probleme bereitete mir die gierig-geizige Vermieterin, die selbst in einer der Wohnungen residierte. Sie presste stets die höchsten Mieten aus den Bewohnern heraus, knauserte aber bei notwendigen Reparaturen. Normalerweise hätte ich die Betreuung der Liegenschaft gerne aufgegeben. Dass ich die Verwaltung überhaupt übernommen hatte, war ein Freundschaftsdienst, der auf einem Versprechen fußte. Ein Versprechen, das ich einem Freund vor langer Zeit gegeben hatte. Unterm Strich freute ich mich, dass ich das Ehepaar Benz als Mieter für das Erdgeschoss gewinnen konnte. Nachdem die letzten Bewohner, eine Mariuhana-WG, die Immobilie vollständig verwüstet hatten, stand die Wohnung fast ein Jahr leer. Die Familie wusste das nicht. Der Maler hatte die 120 Quadratmeter notdürftig aufgehübscht. Ich bekam den ganzen Ärger der Eigentümerin zu spüren, als sie die Rechnung für die Aufbereitung der völlig verschmierten Zargen und Türen erhielt. Die beiden quirligen Töchter der Eheleute Benz schienen sich gleich wohl zu fühlen. Sie bewunderten die hohen Räume und die großen Flügeltüren, vor denen sie winzig wirkten. Schon in der Besichtigung spielten sie Fangen und versteckten sich in den dunklen Ecken. Der Anruf von Frau Benz am Morgen des fünften Oktobers überraschte mich wenig. Über die Nacht rutschte das Thermometer Richtung null und die Mieterin beklagte jetzt, dass die Heizung nicht ansprang. Die Vermieterin hatte nämlich auf die turnusmäßige Wartung verzichtet, weil der Installateur die Preise erhöhte. Auch meine schriftlichen Belehrungen halfen nicht. Aktuell weilte sie in der warmen Karibik. Sie ignorierte meine Anrufe. Auf eine SMS antwortete sie, sie werde sich selbst nach ihrer Rückkehr um die Angelegenheit kümmern und einen PREISWERTEN Handwerker suchen. „Sorgen Sie inzwischen dafür, dass der Mieter nicht die Miete mindert! !!!“, schrieb sie mir eine weitere SMS direkt hinterher….

Ich mailte den Mietern mit schlechtem Gewissen: Der Vermieter möchte so schnell wie möglich Abhilfe schaffen. Die Gas-Wasser-Unternehmen seien aber aktuell ausgebucht. Ich empfahl, die zweite Dusche zu nutzen. Diese werde mit einem Durchlauferhitzer betrieben und sei somit deshalb weiterhin funktionsfähig. Am Nachmittag brachte ich den Mietern außerdem einen elektrischen Ofen. 

Was am Abend passiert ist, kann ich in Teilen nur vom Hörensagen berichten: Tom Benz hatte Nachtschicht, so war nur Maria mit den Kindern zugegen. Alle froren bitterlich. Das Heizgerät schaffte es nicht, die hohen, schlecht isolierten Altbaudecken zu wohnen. Gegen 22:00 Uhr hämmerte es hecktisch und laut an der Tür der Familie Benz. „Frau Benz, Frau Benz“, rief eine Männerstimme. Maria Benz öffnete die Tür. Im Flur stand ein weißhaariger Mann mit Karohemd und Lesebrille. 

„Frau Benz, Sie müssen die Wohnung räumen. Es tritt Gas aus!“. Maria Benz bekam Angst. Sie rannte zurück ins Wohnzimmer, aber nur eine ihrer Töchter saß auf dem Sofa. „Wo ist Emily?“, weinte Frau Benz. „Sie ist aufs Klo gegangen.“ Der Mann folgte ihr. „Gehen Sie“, rief er ihr entgegen, „ich hole sie.“ In Panik nahm Maria ihre Tochter an der Hand und rannte zur Tür. „Paula, komm schnell!“, rief sie in die dunkle Wohnung hinein. Für Frau Benz verging eine Ewigkeit, doch endlich kam Paula gelaufen. Sie stürmten auf die Straße. Die Druckwelle der explodierenden Gasheizung warf sie auf den Boden. Feuer. Qualm. Geschrei… 

Ich erreichte das Haus gegen elf. Andere Mieter hatten mich über die Explosion informiert. Zwischen Blaulicht, Einsatzfahrzeugen und Schaulustigen kam ich kaum durch. Herr Benz war auch schon vor Ort. Er kümmerte sich rührend um seine vollkommen aufgelöste Frau und die beiden Kinder. Maria Benz weinte. Sie glaubte fest, ein Mann sei in Ihrer Wohnung gestorben. Aber die Feuerwehr konnte in der Ruine keine menschlichen Überreste finden. Können Sie den Mann beschreiben?, fragte sie ein Polizist. „Ein älterer Herr, sicher um die 70, groß. Lesebrille, kariertes Hemd“, weinte Frau Benz. „Ist das einer der anderen Mieter gewesen?“, fragte mich der Polizist. „Nein“, antwortete ich, „im Haus wohnen wegen der Stufen nur jüngere Leute und die Eigentümerin selbst, die ist jedoch gerade im Urlaub.“ … Lesebrille. Lesebrille. Ich holte mein iPhone hervor und scrollte durch die Bilder. Ich hielt das Display Frau Benz hin. „Das war der Mann!“, sagte sie und deutete auf eine der abgebildeten Personen. Ich schluckte schwer. Das Foto war etwa vier Jahre alt. Es zeigte mich, die Vermieterin und ihren damals frisch geheirateten Ehemann in einer Pizzeria. Er war der beste Freund meines Vaters. Vor seinem Krebstod hatte ich ihm versprochen, mich um das Haus zu kümmern…

Die dritte Geschichte und die Auflösung erscheinen noch vor Halloween auf mietercoach.de . Also – wenn Sie des Nachts nicht schlafen können, schauen Sie doch mal wieder vorbei 😉

Halloween-Special 2022: Zur ersten Geistergeschichte – Die Alleinlage 

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