Bei der Wohnungsübergabe bzw. bei der Rückgabe der Wohnung nach dem beendetem Mietverhältnis kommt es oft zum Streit zwischen Mieter und Vermieter. Kern der Unstimmigkeiten sind normalerweise Beschädigungen in der Wohnung. Der Mieter ist der Meinung, er sei für den Schaden nicht verantwortlich, fürchtet jedoch um die Rückerstattung der Kaution. Der Vermieter versucht im Gegenzug, den Mieter für den Schaden verantwortlich zu machen, um die Kosten der Instandsetzung nicht selbst zu tragen.
- Verweigern der Unterschrift / nicht unterschreiben des Übergabeprotokolls ist für den Mieter keine kluge Lösung
- Zustand der Wohnung zum Zeitpunkt der Rücknahme sollte beidseitig bindend dokumentiert werden.
- Mieter sollten darauf achten, dass sie mit dem Übergabeproktoll kein Verschulden an Schäden anerkennen, die sie nicht verursacht haben.
- Mieter sollten auf neutrale Formulierungen achten
- Übergabeprotokoll dokumentiert nur den Zustand der Immobilie: Streit über die Kaution wird im Nachgang der Übergabe ausgefochten.
Bei der Übergabe der Wohnung zurück an den Vermieter / Verwalter oder auch an den Nachmieter, tritt regelmäßig folgende Situation ein: Die Person, die für den Eigentümer die Rücknahme der Wohnung durchführt (oder der Vermieter selbst) entdeckt einen Schaden und protokolliert diesen im Übergabeprotokoll. Es wird ein Foto angefertigt.
Der Schaden war schon vor Einzug in die Wohnung vorhanden
Der Mieter ist jedoch der Meinung, er habe den Schaden nicht zu verantworten. Er verweigert aus diesem Grund die Unterschrift unter das Übergabeprotokoll. Im Resultat gehen beide Parteien auseinander, ohne dass ein Aussagekräftiges Übergabeprotokoll zur Wohnungsrückgabe angefertigt worden ist.
Fehler: Der Mieter unterschreibt das Übergabeprotokoll nicht
Der Mieter begeht dabei einen fatalen Fehler. Aufgrund der fehlenden (beidseitigen) Unterschrift existiert nun keine klare Beschreibung des Zustands der Wohnung zum Zeitpunkt der Rückgabe der Wohnung. In der Folge haftet der Mieter schlimmstenfalls auch für unverschuldete Schäden, die nach der Rückgabe der Wohnung am Objekt eintreten – beispielsweise wenn ein Interessent während einer Besichtigung den Boden verkratzt oder die Einbauküche demoliert. Auch die Zählerstände sind dann nicht aussagekräftig festgehalten, sodass sich unter Umständen Übermittlungsfehler zu Ungunsten des ausziehenden Mieters ergeben – und dem Mieter wird eine höhere Schlussrechnung für Storm-, Gas- oder Wasserrechnung angelastet. Er muss dann das Gegenteil beweisen.
Richard Nitzsche: „Die Unterschrift unter das gesamte Übergabeprotokoll zu verweigern ist für Mieter grundsätzlich unklug. Achten Sie stattdessen darauf, dass das Protokoll den Zustand der Wohnung zum Übergabezeitpunkt dokumentiert, jedoch keine Wertungen oder Schuldzuweisungen vorgenommen werden.“

Zustand der Wohnung ist objektiv unstrittig und dokumentierbar
Tatsächlich ist der Zustand der Wohnung zum Übergabetag meist unstrittig. Existiert der Kratzer tatsächlich, kann dieser auch im Übergabeprotokoll während der Rückgabe der Wohnung festgehalten werden. Existiert kein Kratzer, kann auch kein Kratzer aufgenommen werden. Beide Parteien sollten eine Fotodokumentation sämtlicher im Protokoll aufgenommener Schäden durchführen, damit sich im Nachgang keine Diskussionen über die „Stärke des Kratzers“ ergeben.
Verursacher / Haftender für den Schaden wird auf Basis der Übergabe im Nachgang ermittelt
Erst in der Folge der Rücknahme muss ermittelt werden, ob der Mieter für die aufgenommenen Schäden verantwortlich ist. In diesem Fall darf der Vermieter reparieren und für die Reparatur einen Teil der Mietkaution verwenden bzw. vom Mieter die Instandsetzung des Schadens verlangen. Hier hilft es Mietern, wenn sie eine konkludierte Beweisführung ihrer Angaben vorlegen können. Existiert ein Schriftwechsel zu Vertragsbeginn, in dem der Schaden erwähnt worden ist? Existiert vielleicht sogar ein Übergabeprotokoll, in dem der Schaden festgehalten wurde (ggf. wurde auch erwähnt, ob eine Instandsetzung von einer der Vertragsparteien vorgenommen werden sollte).
Richard Nitzsche: „Achten Sie als Mieter darauf, dass die Schäden wertfrei dokumentiert werden. Ein Beispiel: Kratzer im Parkett, Wohnzimmer Mitte (siehe Lichtbild) – ist eine wertfreie Dokumentation des Zustands. Mieter hat Kratzer im Parkett verursacht, Wohnzimmer, Mitte ist eine Zustandsdokumentation verbunden mit einem Schuldanerkenntnis. Unterschreibt der Mieter die zweite Version, muss er für die Beseitigung des Schadens mit großer Wahrscheinlichkeit aufkommen. Unterschreibt der Mieter die erste Version, kann später geklärt werden, ob dem Mieter ein Verschulden zugerechnet werden kann.
Leider ist die mieterseitige Dokumentation im Regelfall unvollständig. Häufig kann der Mieter seine Unschuld nicht beweisen, weil bei Übernahme der Wohnung nachlässig vorgegangen worden ist. Um den Kautionsanspruch zu erhalten, hilft dann entweder kluges Verhandeln mit dem Eigentümer, oder der Gang zum Anwalt. Weil der Fachanwalt für Mietrecht schnell teuer wird, sollten Mieter in diesem Fall grundsätzlich eine Rechtsschutzversicherung abschließen. Können Sie sich mit dem Vermieter nicht einigen, übernimmt die Versicherung ihre Anwaltskosten.
Um überhaupt in die Verhandlung einzutreten, ist eine Basis erforderlich. Auch deshalb sollte im Rücknahmetermin ein aussagekräftiges Übergabeprotokoll angefertigt und von beiden Parteien unterschrieben werden. Nehmen Sie einen unabhängigen Zeugen mit zur Besichtigung. Falls sich der Vermieter weigert, Schuldzuweisungen aus dem Protokoll zu entfernen, fertigen Sie Ihr eigenes Protokoll an – dieses wird der Vermieter zwar seinerseits vermutlich nicht unterschreiben, dennoch ist zumindest einseitig der Zustand dokumentiert. Immer besser ist es, wenn ein Protokoll existiert, das zum Übergabetermin von beiden Parteien anerkannt worden ist – selbst, wenn im Nachgang der Rückgabe mit einem Rechtsstreit gerechnet werden kann.
Zu Thema erfolgreiches Verhandeln nach Auszug aus der Wohnung wird bald ein weiterer Beitrag erscheinen.
Bildquelle: pixabay.com Der Text wurde zu werblichen Zwecken verfasst und stellt keine Rechtsberatung dar.. Klären Sie Ihre individuelle Situation mit Ihrem Fachanwalt für Mietrecht. Obgleich mit großer Sorgfalt verfasst, kann keine abschießende Garantie für die Richtigkeit der Angaben übernommen werden.
Ein Gedanke zu “Streit bei der Wohnungsübergabe / Wohnungsrücknahme: Das Übergabeprotokoll nicht unterschreiben?”