Makler in der Krise: Sind Gemeinschaftsgeschäfte der Ausweg für Immobilienmakler

Mehr Umsatz durch Gemeinschaftsgeschäfte? Könnten Immobilienmakler durch mehr Gemeinschaftsgeschäfte ihre Position in der angespannten Marktsituation verbessern? Ja, meint Caroline Kailuweit vom Makler-Softwarehaus onOffice. Auf der Plattform zeige sich bereits, dass im schwierigen Marktumfeld des Jahres 2023 die Kooperationsversuche von Maklern steigen. Nein, sagt Richard Nitzsche, Immobilienmakler aus Bad Homburg. Die hohe Abdeckung des Endkundenmarktes durch Portale mache eine Kooperation im Segment Wohnimmobilien zum selbst nutzen unnötig; sinnvoll seien Kooperationen im institutionellen Immobilienhandel und im Vertrieb von Kapitalanlagen. Eine offene Diskussion über das Makler-Gemeinschaftsgeschäft in Immobilien-Krisenzeiten. 

Die gestiegenen Zinsen stürzen Immobilienmakler in die Krise. Der Markt ist praktisch ausgetrocknet. Ein Immobilienhandel findet nur noch selten statt. Verkäufer weigern sich, die gesunkenen Marktpreise hinzunehmen. Käufer warten auf weiter fallende Immobilienpreise. Die Transaktionssperre ist besonders schmerzhaft für Makler, die von Provisionen leben und kein Geld verdienen, wenn der Immobilienhandel ausbleibt. Das Leitthema beim Immobilientag des IVD-Mitte in Bad Homburg war deshalb, wie das in 2023 schleppend laufende Maklergeschäft wiederbelebt werden könnte.

Die Betreiber des Makler-CRM-Tools onOffice empfahlen rund 300 anwesenden Immobilienmaklern, die Kooperation untereinander zu verbessern. In der deutschen Maklerbranche finde bisher wenig Kooperation statt, meint Caroline Kailuweit von onOffice. Das Makler-Gemeinschaftsgeschäft zähle in Deutschland bei Immobiliendeals zur Ausnahme. Deutsche Vermittler kooperieren selten bis überhaupt nicht, während Gemeinschaftsgeschäfte im europäischen Ausland zur Regel gehörten. Als Beispiel nannte Kailuweit den Immobilienmarkt auf der spanischen Insel Mallorca, der im vergangenen Jahr aber auch ein Rekordvolumen verzeichnete.

Hier verzeichne onOnffice einen hohen Marktanteil. Durch den sogenannten Multi-Listing-Service könnten Makler, die den Suchkunden betreuen, auf die Objekte angeschlossener Mitbewerber zugreifen. Die Möglichkeit des Multi-Listings existiert bei dem Softwareanbieter seit 2020. Für Verkäufer sei die Zahl der angeschlossenen Kooperationsmakler sogar ein Kriterium für die Maklerwahl. Die Zahl der geteilten Angebote stagnierte jedoch bis 2022 auf Jahresbasis unter einem Level von 7.500 aktiven Objekten. Im Februar 2023 seien bereits 12.000 Immobilien über die Plattform geteilt worden – ein deutlicher Zuwachs. Die Steigerung lässt sich erklären. Im trockenen Gesamtmarkt teilt der Makler als Second Best-Lösung sein Objekt, wenn er selbst auf regulärem Weg keinen Käufer findet, bevor der Vermittlungsvertrag ausläuft und der Vermittler die Provision ganz verliert, argumentiert Immobilienmakler Richard Nitzsche, „die Präsentation von onOffice schwieg sich jedoch aus, wieviele der gelisteten Objekte durch ein Gemeinschaftsgeschäft zur Transaktion gebracht werden konnten.“

Ist das Makler-Gemeinschaftsgeschäft eine Lösung für den deutschen Immobilienmarkt?
„Ich halte das Makler-Gemeinschaftsgeschäft als Alternative zum Solo-Listing in Deutschland perspektivisch für weniger tragfähig, als in Spanien oder in den Vereinigten Staaten“, sagt Nitzsche, „zumindest für klassische Wohnimmobilien, also für Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften oder Reihenhäuser.“ Der Grund liege in der Kunden- und Marktstruktur des deutschen Immobilienmarkts.
Auf dem von onOffice thematisierten, mallorquinischen Immobilienmarkt sei der Betratungsbedarf der Käufer hoch, weil viele Käufer aus dem Ausland kommen und mit den Gepflogenheiten des spanischen Marktes nicht vertraut sind. Sie benötigen einen Berater. Die Akquise des Suchkunden ist somit erfolgsversprechender. Die Marktstruktur begünstigt das Gemeinschaftsgeschäft, weil sich der der spanische Markt aus einem Käufermarkt mit Angebotsüberhang nur langsam in einen praktisch ausgeglichenen Markt gedreht habe. Auch in den USA habe sich das Multi-Listig etabliert, weil der Markt größer und der Marktzugang fragmentierter sei – bei ausgeglichener Angebots- und Nachfragestruktur. „Der deutsche Immobilienkäufer hätte durchaus Beratungsbedarf beim Immobilienkauf, der durch einen unabhängigen Käufermakler gewährleistet wäre. Eine Immobilientransaktion ist hochkomplex und für den Laien, auch in Deutschland, kaum zu durchschauen. Leider ist das bei Käufern bisher nicht angekommen“, sagt Nitzsche, „nur wenige Kaufinteressenten würden selbständig einen Makler engagieren, der sie bei der Suche nach einer Wohnimmobilie unterstützt.“
Der Marktzugang sei über die drei Internetplattformen Immowelt, Immobilienscout24 und Immonet, sowie in Teilen über Ebay-Kleinanzeigen, derart offen abgebildet, dass der Anbieter mit Listings in entsprechenden Portalen praktisch 100 Prozent der potenziellen Käufer einer Immobilie erreichen könne. „Nachdem deutsche Käufer von Wohnimmobilien selten Makler mit der Suche nach einer Immobilie exklusiv beauftragen, existieren für den Listing-Makler kaum Gründe, seine Provision mit einem anderen Makler zu teilen. Er wartet einfach einen Tag länger und kann mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, dass der Kaufinteressent seine Anzeige anklickt.“

Gemeinschaftsgeschäfte bei der Vermittlung von Immobilienportfolios, Kapitalanlagen, Bauprojekten
Eine andere Situation zeige sich beim Vertrieb von Kapitalanlagen, meint Richard Nitzsche, „Der Käufer ist nicht lokal fokussiert und kann den Gesamtmarkt an verfügbaren Investitionsmöglichkeiten kaum selbständig überblicken.“ Immobilien-Kapitalanlagen seien erklärungsintensiv. Das Vertrauen zum Berater stehe im Zentrum des Verkaufs. Der Käufer-Makler habe somit eine stärkere Verhandlungsposition gegen den kooperierenden Wettbewerber, zudem sei die Immobilie austauschbar.  Eine gute Grundlage, auf der sich Käufermakler und Listing-Makler begegnen könnten.

Auch im institutionellen und semiinstitutionellen Bereich, in dem offmarket-Transaktionen stattfinden, sei die Zusammenarbeit schon seit jeher üblich. Bei Portfoliotransaktionen und Bauprojekten gehöre die Kooperation mit dem Wettbewerb zum Standard.

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