Immobilienpreise: 25% Abwärtspotenzial – wie real ist der große Preisverfall am deutschen Immobilienmarkt?

Der deutsche Immobilienmarkt durchläuft eine signifikante Korrektur. Mit steigenden Finanzierungszinsen werden Immobilien für Eigennutzer unerschwinglich und für Investoren unrentabel. Trotz rückläufiger Inflationsraten will die EZB die Zinsen weiter erhöhen. Erste Experten prophezeien ein Zinsniveau von 5 Prozent und Preisabschläge im Immobilienmarkt von 25 Prozent. Diese Meinung vertritt auch Investor Thomas Olek. „Nur Traumtänzer glauben jetzt noch, dass es sich im nächsten Jahr wieder normalisiert“, wird er von der Homepage Business-leaders.net zitiert, „Milliarden an Immobilienwerten und Immobilienaktien werden verdampfen.“

Immobilienpreise: Positive Signale im Markt – Vorboten des Preisverfalls?
In den vergangenen Wochen schien sich das Bild im Immobilienmarkt, wie auch in der deutschen Wirtschaft, leicht aufzuklaren. Der deutsche Aktienindex DAX visierte Rekordmarken an, die Inflation war mit Raten von 10 Prozent im November und 8,6 Prozent im Dezember – obgleich noch hoch – auf dem Rückzug. Das Portal Immobilienscout24 meldet Mitte des Monats ein Anziehen der Kaufnachfrage auf den bereits korrigierten Preisen. In der Presseerklärung geht das Portal nicht von einem signifikanten Einbruch der Preise ein, weil das Angebot weiterhin knapp bleibe.

Im Rahmen der alljährlichen Sprengnetter-Tagung für Immobilienmakler und Immobiliensachverständige zeichnete Dr. Christian Oberst, Ökonom des Institut für Wirtschaft (IW) ein leicht positives Bild. Er ermahnte die Marktteilnehmer, sich nicht von der mediengemachten Krisenstimmung demotivieren zu lassen. Im Verhältnis zum vorhergegangenen Immobilienboom seien die realen Preisabschläge durchaus als moderat zu werten. Oberst beleuchtete die Preisentwicklung von Wohnimmobilien seit 2018. Der Index liege im vierten Quartal 2022 noch immer oberhalb der 140 (Bezugsgröße 2018 = 100), in der Spitze im Q1/22 seien aber 145 nicht erreicht worden. Dennoch weisst er auf die aktuell außerordentlich schlechte Stimmung in der Immobilienbranche hin.

Bloomberg-Beitrag: Realitätscheck am Immobilienmarkt – Furcht vor massiver Preiskorrektur
Ein Beitrag des Nachrichtendienstes Bloomberg gibt Marktteilnehmern seit kurzem Anlass zur Sorge. Der Immobilienmarkt stehe vor einem „massiven Abschwung“, heisst es hier. Skardon Baker, Partner des Private Equity Hauses Apollo Global Management,  sieht systemische Risiken für den gesamten Europäischen Immobilienmarkt. Die nächsten Monate werden zum Realitätscheck am Immobilienmarkt. Europa werde in Kürze die zehnjährige Niedrigzinsphase „rückabwickeln“, sagt Baker mit Blick auf die anstehende Neubewertung von institutionell gehaltenen Immobilien.  Zwanzig Prozent der 1,9 Billionen Euro, die in Immobiliendarlehen investiert sind, seien in diesem Jahr fällig. Im Rahmen der Refinanzierung werden Neubewertungen der Immobilienwerte, sowie der Kreditrisiken vorgenommen. Dies könnte zu massiven Abschreibungen führen; schlimmstenfalls drohe eine Kreditklemme, wenn Banken nur noch restriktiv finanzieren. „Ein Weg, Probleme zu lösen, ist, sie zum Problem von jemand anderem zu machen“, sagt Vincent Nobel von Federte Hermes Inc. Der so einsetzende Dominoeffekt könnte sich dann auf den gesamten Immobilienmarkt und auf privat gehaltene Immobilien ausbreiten. Eine Transmission auf private Haushalte über den Kreditkanal bzw. die Banken wäre in diesem Szenario möglich. Selbst an positiv gestimmten Marktteilnehmern scheinen diese Aussagen nicht spurlos vorbei zu gehen. Die Stimmung im Immobilienmarkt ist auf ein historisches Tief gefallen. #

Ausweg für Immobilienunternehmen: Verkauf des „Tafelsilbers“
Nach abgeschlossener Neubewertung der Kreditrisiken könnten Kreditgeber höhere Sicherheitsleistungen fordern. Um einen Teil der Immobilienbestände zu halten, müssten Investoren dann die besten Teile des Portfolios veräußert werden. Nur mit dem – wie Investor Olek es nennt: „Tafelsilber“ habe man die Möglichkeit, im dominoartig nach Süden laufenden Marktumfeld noch akzeptable Preise zu erzielen. Die Stress-Situation werde jedoch zum Vorteil für Investoren, die Kapital übrig haben und den Mut in der angespannten Marktsituation einzukaufen.

Der Autor: Richard Nitzsche (M.Sc.) ist Immobilienmakler in Frankfurt. Nitzsche hat Finance & Economics in Frankfurt und Colorado Springs (USA) studiert. Als Autor des Immobilienblogs mietercoach.de ist er regelmäßig als Experte für den Immobilienmarkt in den Medien präsent. Folgen Sie Richard Nitzsche auf seinem Podcast oder auf YouTube. Sie haben ein Anliegen rund um die Immobilie? Treten Sie mit Richard Nitzsche persönlich in Kontakt

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