Sie suchen eine Gewerbeimmobilie? Haben Sie gerade ein Unternehmen gegründet, und wollen Sie jetzt ein Ladenlokal, eine Verkaufsfläche, ein Büro oder ein Lager anmieten? Im letzten Beitrag habe ich Ihnen gezeigt, welche Parameter im Gewerbemietvertrag verhandelbar sind. In diesem Artikel konzentriere ich mich die Auswahl der richtigen Gewerbeimmobilie.
Führen Sie zunächst eine Selbstanalyse durch und klären Sie folgende Fragen, bevor Sie sich mit der Anmietung eines Büros, eines Ladens oder einer anderen Gewerbefläche beschäftigen.
- Ist die Anmietung einer Immobilie wirklich notwendig?
- Existieren kostengünstige Alternativen zum Büro oder zum Laden?
- In welchem Prozessschritt findet die Wertschöpfung in meiner Firma statt?
- Welche Parameter muss die Immobilie für einen reibungslosen Betriebsablauf mitbringen?
- Lassen sich die Fixkosten schultern?
- Könnte die Immobilie das Wachstum Ihres Unternehmens negativ beeinflussen, bspw. weil die Miete sehr teuer ist?
- Wie hoch wird der Aufwand des Umbaus (insbesondere bei Läden bzw. Verkaufsflächen im Einzelhandel)
- Welche Alternativen können Ihnen helfen, Fixkosten zu reduzieren? Könnte schon eine deutlich günstigere Postadresse
oder eine virtuelle Unternehmensadresse
Ihre Bedürfnisse als junge Company erfüllen?
Gerade Startups oder Einzellunternehmern, die sich gerade im Gründungsprozess befinden, wählen häufig falsche Immobilien aus, bürden sich so unnötige Kosten auf und hindern ihr junges Unternehmen entweder am Wachsen, oder treiben sich sogar durch hohe Mieten oder eine mangelhafte Immobilienauswahl selbst in den Bankrott.
Businessplan bildet den Eckpfeiler Ihrer Suche nach Laden, Büro, Lager- oder Produktionsfläche

Zu Beginn Ihrer Suche sollte ein ausführlicher Businessplan stehen. Widmen Sie sich tiefgehend der Immobilienauswahl und überlegen Sie gut, welche Kriterien ihre Gewerbeimmobilie erfüllen muss – damit Sie dem geplanten Unternehmenszweck bestmöglich nachkommen können-. Beginnen Sie mit der Suche bei den Grundpfeilern Ihres Unternehmens bzw. Geschäftszwecks und fragen Sie sich:
Ist eine Gewerbeimmobilie unbedingt erforderlich, damit ich meiner Tätigkeit nachkommen kann? Oder ist es zumindest theoretisch möglich, dass ich meiner Tätigkeit auch ohne eine speziell dafür nutzbare Immobilie betreiben könnte.
Hier einige Beispiele für den Denkansatz, den Sie verfügen können um zu prüfen, ob Sie unbedingt eine Immobilie benötigen:
Produktion und Fertigung
Produzieren Sie beispielsweise Tennisbälle – überlegen Sie, ob Sie ihrerProduktion in der ersten Zeit aus dem heimischen Wohnzimmer, Ihrem Keller oder aus Ihrer Garage darstellen könnten.
Produzieren Sie Wurstwaren oder Fleischerzeugnisse? Dies macht die Produktion in den eigenen vier Wänden nicht nur unmöglich, sondern auch illegal; denn Sie müssen über entsprechende Kühlanlagen und Fertigungsstellen verfügen. Eine Produktionshalle ist deshalb unerlässlich.
Betreiben Sie eine Dienstleistung?
Hier Sie oft indifferent, eine Vielzahl von Dienstleistungen lassen sich im Homeoffice mit Laptop und Telefon betreiben, oder direkt zum Kunden verlagern – sind Sie z.B. Friseurin? Dann überlegen Sie sich, wieviel Kunden (mehr) Sie benötigen, wenn Sie einen Laden mieten. Könnten Sie Ihre Tätigkeit nicht zu Hause bei den Kunden wahrnehmen? Um wieviele Kunden würden sich Ihr Klientenbestand erweitern, wenn Sie ein Büro hätten? Wieviele Kunden würden zur Konkurrenz wechseln, wenn Sie kein Büro haben?
Ein Beispiel aus meiner eigenen Unternehmensvita: Als Immobilienmakler haben Sie nur sehr begrenzt Kundenverkehr. Viel wichtiger ist für mich das Telefon. Im Regelfall treffen Sie sich mit den Kunden an deren Objekt und unterschreiben hier auch die Verträge. Ein Büro sieht zwar gut aus, aber ist es zwangsläufig notwendig?
Als ich 2012 meine Karriere als Immobilienmakler startete, arbeitete ich von Zuhause aus. Ich habe mich mit meinen ersten Kunden in Hotellobbys getroffen – wenn ein Termin an der Immobilie nicht möglich oder sinnvoll war. Die „anonyme“ Location war mir damals immer etwas unangenehm. Gerne hätte ich meine Klienten in ein stattliches Büro eingeladen, auch um meine eigene Unsicherheit zu überspielen, und mich selbst „professionell darzustellen“.
Heute, acht Jahre später, verfüge ich über repräsentative Räumlichkeiten; gleichzeitig bin ich mir über den Mehrwert, den ich für meine Kunden schaffe, bewusst. Ich weiss heute, dass
1) an Kunden, die sich bei der Wahl Ihres Maklers von Oberflächlichkeiten blenden lassen, meist kein Deckungsbeitrag zu verdienen ist – weil sie selbst nicht wissen, auf welche Teile der Wertschöpfungskette sie den Fokus richten müssen.
2) meine Dienstleistung keinem Mahagoni-Konferenztisch bedarf, um zu überzeugen.
Und jetzt die Überraschung: Die Wahl der Location fällt dennoch meist auf das Café oder die Hotellobby, bspw. bin ich häufig mit meinen Kunden im Frankfurter Hof. Warum? Es ist einfach netter unter Menschen zu sein, als im sterilen Büroraum – und oft sogar für beide Parteien auch besser erreichbar.
Fragen Sie sich deshalb bei Ihrer Neugründung, ob Sie mit der Immobilie „auftrumpfen“ wollen, oder ob Sie die Gewerbeimmobilie nutzen möchten, um Ihr Unternehmen voran zu bringen.
Alternative zum Büro: Das Virtual Office
Denken Sie auch über Alternativen nach. In jeder Stadt gibt es sogenannte virtuelle Büros. Hier mieten Sie für einige hundert Euro eine Firmenanschrift und können bei Bedarf Arbeitsplätze, Flächen oder Besprechungsräume stundenweise, tageweise oder in Monatsintervallen zubuchen. Diese Variante verdient immer einen Gedanken. Können Sie es mit sich selbst verantworten, dass jeder Ihrer Kunden Ihre Privatanschrift kennt? Selbst wenn Sie die Dienstleistung bei Ihren Kunden abbilden. Sie benötigen die Anschrift für Einträge oder für Ihrer Website.
Gewerbeflächen sind immer ein Fixkostenblock für Ihr Unternehmen
Bedenken Sie, dass angemietete Gewerbeflächen immer einen zusätzlichen Fixkostenblock darstellen, der zusätzlich zu sämtlichen anderen Kosten zunächst bezahlt werden muss, bevor Sie profitabel arbeiten.
Hinzu addieren sich hohe Einmalaufwendungen: Ggf. Maklerprovision, Kaution, besonders jedoch der Aufwand des Umbaus, damit die Immobilie überhaupt erst von Ihrer Firma in Betrieb genommen werden kann.
Um Kosten-Nutzen wirklich objektiv einschätzen zu können, müssen Sie genau wissen, in welchem Prozessschritt sich die Wertschöpfung in Ihrem Unternehmen abspielt, die Ihnen der Kunde bezahlt. Besucht Sie der Kunde aufgrund der schicken Atmosphäre und des guten Kaffees, oder möchte er einfach einen soliden Haarschnitt erhalten? Fahren Sie überproportional mehr Umsatz, wenn Sie in einer 1A-Lage mieten (denn Sie werden auch eine größere Mietbelastung schultern müssen) oder für Ihre Firma eine deutlich günstigere C-Lage ausreichend – weil Sie nur einen kleinen Prozentsatz Laufkundschaft bearbeiten und es sich beim Großteil Ihrer Kunden um Stammkunden handelt, der Ihr Unternehmen gezielt anfährt?
Gewerbeimmobilie muss Ihrem Unternehmenszweck dienen
Bedenken Sie außerdem, welche Parameter die Immobilie unbedingt mitbringen muss, damit ein reibungsloser Geschäftsablauf gewährleistet werden kann. Räumen Sie bei der Wahl Ihrer Immobilie jede Hürde aus dem Weg, die Ihrer Kernkundschaft oder Ihrer Kernkompetenz beeinflussen könnte: Haben Sie zu wenige Parkplätze für Ihre Kunden, wird die Anfahrt zu Ihrem Standort beschwerlicher. Würde sich der Kunde vielleicht für die Konkurrenzalternative entscheiden, wo er besser parken kann? Dann wählen Sie eine andere Immobilie. Besteht Ihre Kernkompetenz in der Beschäftigung hochqaulifizierter Mitarbeiter, für die eine gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln notwendig ist? Dann ziehen Sie in die Nachbarschaft einer S-Bahn-Station! Die Immobilie muss Ihren für den Betriebszweck wichtigsten Bedürfnissen als Unternehmen in jeder Hinsicht dienen, nur dann handelt es sich um eine solide Auswahl. Der repräsentative Charakter ist dabei häufig übrigens einer der letzten Kriterien, während Ereichbarkeit, Größe, Ausstattung, Parkplätze, Internetverbindung, usw. den deutlich wichtigeren Teil einnehmen – außer Sie wollen die nächste Marke alias „ROLEX, Bentley, oder Apple“ kreieren – viele dieser Unternehmen haben übrigens die erste Etappe Ihres Erfolges ebenfalls in der heimischen Garage zurückgelegt.
Schließlich entwickeln Sie Ihr Konzept zum Mietvertrag und dessen Parametern: Wie lange ist eine Anmietung der Fläche sinnvoll? 2 Jahre / 5 Jahre / 10 Jahre ? Wie groß sind die Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten? Müssen an der Immobilie grundlegende Umbaumaßnahmen stattfinden, damit diese für Ihren Unternehmenszweck passgenau wird? Haben Sie das richtige Objekt gefunden, den steigen Sie in Verhandlungen mit dem Vermieter für den Gewerbemietvertrag ein…