Das Bestellerprinzip beim Immobilienkauf würde die Eigentumsquote erhöhen, meint Prof. Michael Voigtländer. Während der Präsentation seiner Ideen auf der Sprengnetter-Innovationstagung musste er sich heftiger Kritik und sogar verbalen Anfeindungen durch die anwesenden Immobilienmakler stellen.
Schon aus der Zusammensetzung des Auditoriums ließ sich schließen, dass es nicht leicht werden würde für Prof. Michael Voigtländer vom IW (Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.): Der erklärte Verfechter des Bestellerprinzips beim Immobilienkauf musste auf der Sprengnetter Innovationstagung vor 350 Immobilienmaklern referieren. Derzeit plant die Bundesregierung eine Änderung des Maklerrechts, wonach die Provisionszahlung an den Immobilienmakler nach einem Verkauf im Regelfall vom Verkäufer zu tragen wäre; andersgesagt: Der Vertragspartner, der den Immobilienmakler erstmalig ins Spiel bringt, müsste ihn auch bezahlen.
Umsatzeinbrüche: Makler fürchten um ihre Existenz
Doch überzeugt man ein Publikum, das nicht überzeugt werden will? Wissenschaftliche Argumente treffen im Konferenzzentrum des Hotels Esperanto in Fulda auf blanke Angst der Makler um der Verlust der wirtschaftlichen Existenz; zumindest auf empfindliche Einschnitte werden die Vermittler hinnehmen müssen; das ist auch Voigtländer klar.
Voigtländer: Hohe Erwerbsnebenkosten verhindern Eigentumsbildung
Aber Voigtländer ist Wissenschaftler. Er analysiert die Realität und zieht Rückschlüsse für die künftige Entwicklung. Theoretisch. Unaufgeregt. Seine Analyse des Immobilienmarkts für Wohnimmobilien fällt deutlich aus: „90 Prozent der Mieter haben keine Chance auf Eigentumserwerb“, konstatiert Voigtländer. Im Mieterland Deutschland stagniere seit Jahren die Wohneigentumsquote. Daraus leitet der Professor einen Missstand für die Gesellschaft ab, denn Eigentumsbildung sei ein wesentlicher Bestandteil der Altersvorsorge. „Wer in München eine Eigentumswohnung erwirbt, partizipiert auch in den nächsten Jahren am Preisanstieg.“, meint Voigtländer. Für Mieter bedeuten Preisanstiege, die sich zwangsläufig in steigenden Mieten niederschlagen, dagegen lediglich einen Verlust von Kaufkraft.
Insbesondere in hohen Kaufnebenkosten sieht Voigtländer die Ursache für die Stagnation der Eigentumsquote: Grundsteuer, Notarkosten und eben auch die Maklercourtage, die im Regelfall den Löwenanteil der Kaufnebenkosten darstelle. Voigtländer blickt auf deutsche Nachbarstaaten. Im europäischen Vergleich seien die Provisionen in Deutschland mit am Höchsten.
Konkurrenz unter Immobilienmaklern wird Courtagen unter Druck setzen
Die Einführung des Bestellerprinzips für Immobilienmakler könnte helfen. Natürlich würden sich Makler und Verkäufer im Versuch, diese Innenprovision auf den Käufer umzuwälzen, zunächst höhere Verkaufspreise ausschreiben. Dieser Aufschlag sollte sich jedoch schnell normalisieren, denn die Vermittler stünden plötzlich in gegenseitiger Konkurrenz. Im knappen Markt muss der Käufer die Kröte der hohen Maklerprovision schlucken – falls er sich weigert, wählen Eigentümer und Makler einen anderen Interessenten. Der Verkäufer könne jedoch mit dem Immobilienvermittler über die Höhe verhandeln. Wer wettbewerbsfähig bleiben will, müsste dann die Preise senken. Voigtländer vermutet, dass sich die Provisionszahlungen an den Makler auf einem niedrigeren Level einpendeln, vermutlich zwischen zwei und drei Prozent.
Voigtländer gegen Deckelung der Maklerprovision
Eine vom Gesetzgeber festgelegte Deckelung der Provisionszahlung lehnt er kategorisch ab. Die Grünen hatten in ihrem Antrag eine künstliche Begrenzung der Maklerprovisionen auf maximal 2 Prozent inklusive Mehrwertsteuer gefordert.
Voigtländer mahnt weiterhin, im Gesetzgebungsverfahren für das Bestellerprinzip beim Verkauf nicht die selben Fehler zu begehen, die der Ausarbeitung des Bestellerprinzip bei den Mieten begangen wurden. Mietinteressenten würden aufgrund der einseitig gestrickten Regelung von Maklern heute kaum noch betreut. Damit deckt sich Voigtländers Aussage mit den Argumenten des Maklers Dirk Wohltorf. Kaufinteressenten müsse es möglich sein, ihren eigenen Makler zu engagieren, bei dem sie sich die Beratung einkaufen können, die sie von einem Vertriebsagent der Verkäuferseite nicht mehr bekommen. Im Umkehrschluss werde dies auch zum Vorteil für den aufgeklärten Käufer, denn er müsse nicht mehr für eine eventuelle Beratungsleistung des Maklers der Käuferseite bezahlen, die er unter Umständen nicht in Anspruch nimmt.
Makler werden nicht aussterben. Gute Leistung setzt sich durch
Fallende Provisionen werden den Maklermarkt unter Druck setzen, glaubt Voigtländer: „Die Geschäftsmodelle (der Makler) werden sich ändern.“ Aber gute Beratung sollte sich dennoch durchsetzen. Schließlich wäre die Branche auch in anderen Ländern nicht ausgestorben, meint er und verweist auf 20.000 aktive Immobilienvermittler in Großbritannien. Die Reform würde vermutlich eine Bereinigung des Marktes nach sich ziehen.
Maklerbranche: Bestellerprinzip könnte angekratztes Image verbessern
Sobald der Makler den Mehrwert seiner Tätigkeit im Verkaufsprozess einem zahlenden Kunden begründen muss, um den Vertriebsauftrag zu erhalten, könnte sich der schlechte Ruf des Berufsstandes Immobilienmakler in Deutschland entscheidend verbessern. Den gefürchteten schwarzen Schafen droht dann das Aus, schließlich bezahlt kein Kunde viel Geld für wenig oder gar keine Leistung.
Lesen Sie hier: Die Sicht der Immobilienmakler auf die aktuelle Gesetzgebungsdiskussion

Der Autor: Richard Nitzsche ist Immobilienmakler in Frankfurt und München, Autor des Blogs http://www.mietercoach.de und Verfasser des Ratgebers für Mieter auf Wohnungssuche „Der Mietercoach: Ihre neue Wohnung SUCHEN – FINDEN -BEKOMMEN“ . Er publiziert eine wöchentliche Immobilienmarktkolumne für den Mainhattan Kurier und ist regelmäßig als Experte für Immobilienthemen in den Medien präsent. Schreiben Sie Ihm auf Twitter oder Facebook!
2 Gedanken zu “Bestellerprinzip beim Immobilienverkauf: Durch niedrigere Provisionen zu mehr Wohneigentum?”