Landlust statt Stadt-Frust: Corona-Effekt wird zur gefährlichen Wette für Projektentwickler (Immobilien-Thema der KW 39/2020)

Städter zieht es aufs Land. Die „Landlust“ wird durch Corona noch einmal verstärkt. Handelt es sich um den neuen Mega-Trend im Immobilienmarkt oder sehen wir aktuell nur eine kurzfristige Reaktion eine Kombination aus Corona-Effekt und teuren Kaufpreisen in der Stadt. Wird sich die langfristige Nachfrage von Immobilienkäufern signifikant ändern? Diese Frage wird für Projektentwickler zur gefährlichen Wette. Sie müssen sich heute mit Flächen eindecken, die erst in einigen Jahren zum Kauf angeboten werden. 

Immobilien in Mittel- und Kleinstädten gewinnen mit der Coronakrise an Attraktivität. Die F.A.Z. zitiert in dieser Woche eine neue Studie des Immobilienfinanzierers Interhyp, die die bereits bestehende Wahrnehmung im Markt noch einmal untermauert. Bewohner der großen Deutschen Metropolen sehen sich „heute häufiger als früher“ nach Kaufobjekten in Mittel- und Kleinstädten um, zitiert die Tageszeitung Interhyp-CEO Jörg Utrecht.  Bewohner aus Klein- und Mittelstädten zögen dagegen „seltener fort“. Der Trend ließe sich zwar schon seit einigen Jahren zu beobachten – auch bedingt durch die immer weiter steigenden Immobilienpreise in den sieben Deutschen Großstädten, Frankfurt, München, Berlin, Hamburg, Köln, Düsseldorf und Stuttgart. Durch Corona habe der Trend jedoch noch einmal Fahrt aufgenommen.

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Das Homeoffice macht es möglich, weiter außerhalb zu wohnen und die Pendeldistanz zu erhöhen. Schließlich wird der Weg zum (alten) Arbeitsplatz in der Stadt mit dem entspannten Arbeiten daheim zur Seltenheit. Corona bringt Arbeitnehmern mehr Flexibilität und macht Wohnen weiter draußen zur attraktiven Alternative. Etabliert sich das Arbeiten im Homeoffice dauerhaft und nachhaltig, sollten die neuen, digitalen Arbeitswelten den Trend heraus aus der Stadt begünstigen. 

Richard Nitzsche: Makler und Autor von Mietercoach.de
Autor: Richard Nitzsche (M.Sc.) ist Immobilienmakler in Frankfurt.

Immer mehr Studien belegen die oben beschriebene Entwicklung, sodass weder Immobilienwirtschaft, noch die Marktteilnehmer aus dem Immobilienmarkt, ernsthaft an dem Trend zweifeln dürften.

Stadtflucht: Echter Trend oder kurzfristige Marktasymmetrie? 
Immobilieninvestoren und Projektentwickler müssen nun abschätzen, ob sich der aufkeimende Trend – nennen wir ihn ketzerisch einmal Stadtflucht –  zum neuen Megatrend entwickelt oder ob der Corona-Effekt und andere Asymmetrien im Markt lediglich vorübergehende Wechselwirkungen auslösen, die sich perspektivisch wieder entzerren werden.  

Steigendes Risiko von Bauprojekten aufgrund langer Entwicklungsdauer
Bauprojekte, Projektentwicklungen dauern mehrere Jahre. Zwischen Ankauf eines Grundstücks und der Veräußerung der Einheiten liegen zum Teil mehrere Jahre. In einer Zeit des Umbruchs, die wir aktuell erleben, wird die lange Dauer des Immobilienprojekts zum dramatischen Risiko. Kauft der Entwickler heute ein Grundstück, könnte sich die Nachfrage nach Wohnraum in ein, zwei, oder drei Jahren vollständig verschoben haben. Die Projektentwicklung wird insofern umso riskanter. Mit steigendem Risiko steigen jedoch ebenfalls die Gewinnmöglichkeiten, wenn sich der Investor heute richtig positioniert und es schafft,  die zukünftige Nachfrage adäquat abzubilden:

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Stadtflucht: Paradigmenwechsel oder kurzfristige Modeerscheinung?
Wird der Trend zum Megatrend, führt die „Stadtflucht“ zu einem Paradigmenwechsel im Kaufverhalten der Interessenten, könnte in einigen Jahren eine potenziell abebbende Nachfrage nach der Immobilie in der Stadt zu kritischen Preisschwankungen führen. Drückt die Nachfrage aufs Land, ließen sich im Umkehrschluss hochprofitable Projektentwicklungen derzeit noch günstig einkaufen.  

Für Projektentwickler wird er Corona-Umbruch eine Wette auf die Zukunft
Die Zeit des Corona-Umbruchs wird so zur gefährlichen Wette auf die Zukunft, die im Immobilienmarkt Gewinner und Verlierer zurücklassen könnte. Wie lassen sich Verkaufserlöse, die in zwei oder drei Jahren als Return on Investment zurücklaufen, solide und seriös planen, wenn noch nicht einmal die Periode bis zum Jahresende gesetzt ist? Einige Stichworte zum Nachdenken: Zweite Welle, Konjunkturerwartungen, Inflation, Massenarbeitslosigkeit, Assetprice Inflation, Corona-Lastenausgleich. 
Doch die Hände einfach in den Schoß zu legen und abzuwarten ist auch keine Alternative. Wie lange sollte sich ein derartiger Zwangsurlaub auch hinziehen? 

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