Das Bestellerprinzip beim Verkauf ist gestorben. Geboren wurde ein fader Kompromiss, der keine Entlastung für Immobilienkäufer zur Folge haben wird. Immobilienmakler, der Maklerverband IVD und CDU/CSU dürfen sich gegenseitig auf die Schulter klopfen und beglückwünschen, dass sie das leidige Thema Bestellerprinzip beim Immobilienverkauf, mindestens für diese Legislaturperiode, minimalinvasiv abräumen konnten.
Das Bestellerprinzip kommt nicht! Bereits Ende August 2019 hatten sich die Hoffnungen vieler Immobilienkäufer auf niedrigere Kaufnebenkosten zerschlagen. Die Koalitionsparteien verkündeten ihre abschließende Einigung im Diskurs über die Verteilung der Maklerprovision beim Immobilienverkauf. Das Bestellerprinzip beim Verkauf war der Union schon vor den Koalitionsverhandlungen ein Dorn im Auge. Im Koalitionsvertrag konnte die CDU/CSU den Themenblock Bestellerprinzip, der sich im Wahlprogramm der SPD wiederfand, erfolgreich wegverhandeln.
Umso größer gestaltete sich der Unmut der Union, als die ehemalige Justizministerin Katarina Barley das bei der Union unbeliebte Bestellerprinzip im Rahmen des Wohngipfels der Kanzlerin zurück auf den Verhandlungstisch hob. Freilich handelte es sich nicht um pure Eigeninitiative der rührigen Juristin, die inzwischen im Europaparlament sitzt. Vielmehr wurde Barley getrieben von stärker werdenden Grünen, die in Umfragen mehr und mehr Wählerstimmen hinter sich vereinten und bevorzugt im SPD-Lager wilderten. So war Barleys Angriff auf die Maklerprovision eine direkte Reaktion auf den Vorstoß der Grünen, die nicht nur ein Bestellerprinzip gegen Makler und für Immobilienkäufer forderten. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt wollte außerdem mit einer Deckelung der Maklercourtage auf maximal 2 Prozent inkl. MwSt. gegen den „Makler-Kuschelkurs“ vorgehen.
Bestellerprinzip: Union konnte für die Immobilienmakler das „Schlimmste verhindern“

Nach der Europawahl, mit dem Abgang von Barley in Richtung Brüssel, verlor auch das geplante Projekt „Bestellerprinzip beim Immobilienverkauf“ an spürbar und sichtlich Fahrt. Ab Mai 2019 dümpelte die Reform so vor sich hin. Der schlussendlich erzielte Kompromiss – eine deutschlandweite Provisionsteilung – scheint somit die logische Folge aus dem lahmenden Engagement der SPD, umgesetzt von einem schwachen Justizministerium das von einer Chefin geführt wird, deren Namen man erst einmal googeln muss. Für die Makler konnte die Union das „Schlimmste verhindern“. Genau so begreift die Maklerbranche den gefundenen Kompromiss, unnötig zu erwähnen, dass Immobilienmakler und Maklerlobby der CDU/CSU zumindest näher stehen, als allen anderen Parteien.
Provisionsteilung: Vorschlag von Maklern für Makler
Mit der Provisionsteilung gib die Koalition erneut ein anschauliches Beispiel, wie Ideen im demokratischen Prozess von derem Ursprung bis zur Verabschiedung eines Gesetzes derart zur Unkenntlichkeit verwässert werden, dass sich ihre ursprüngliche Intention im Resultat kaum noch erahnen lässt. Künftig soll eine Abwälzung der Provision auf den Käufer nur noch zur Hälfte möglich sein: Wie wenig die geplante Reform in aktuelle Usancen eingreift wird allein daran deutlich, dass die Maklerbranche die Änderung nahezu unisono als „fair“ begrüßt.
Makler loben den Gesetzentwurf: Da stimmt doch was nicht…
Eine Reglementierung der bislang frei verhandelbaren Maklerprovision, die für Begeisterungsstürme bei den Immobilienmaklern sorgt? Zu deutsch: Hier stimmt etwas nicht!
Die Bestellerprinzip-Kontroverse zwischen den Koalitionspartnern wurde mit einer Lösung abgeräumt, die die Maklerbranche selbst an die Politik herangetragen hatte. Im Februar vergangenen Jahres forderte zunächst Thomas Aigner von Aigner Immobilien die Provisionsteilung. Auch der Maklerverband IVD und der Branchenprimus Engel & Völkers schließen sich dieser Forderung an, plädieren für eine Teilung der Courtage um der „Doppeltätigkeit für Käufer und Verkäufer Rechnung tragen zu können“.
Schnell wird sogar dem Unbedarften beim Blick auf den Gesetzentwurf klar: Eine Reform über die Verteilungen von Provisionen, die vom Regulierten begrüßt, statt kritisiert wird, kann nichts Wert sein. Das Gesetz wird nichts bringen!
CDU Politiker Jan-Marco Luczak sagt dem Handelsblatt, er sehe die Provisionsteilung „unter marktwirtschaftlicher Sicht als klugen Mechanismus.“ Der Verkäufer werde aufgrund seiner Marktmacht die Provision künftig hart verhandeln.
Provisionsteilung in der Praxis…
Lassen Sie uns die doch die praktische Anwendung des Gesetzes einmal durchspielen: Der Makler wird bei einem ermittelten Immobilienwert von 100.000 € und einer aktuellen Couratage-Usance (am hessischen Beispiel) von 5% zzgl. MwSt. dem Kunden einen Angebotspreis der Immobilie von 103.000 € vorschlagen.
Der Eigentümer selbst verfügt im Regelfall über eine zu geringe Marktkenntnis, um den Verkaufspreis realistisch einzuschätzen. Im für den Makler ungünstigstem Fall wird der Verkäufer den vom Vermittler versprochenen Verkaufserlös (in unserem Beispiel 100.000 €) mit der Einschätzung anderer Makler vergleichen – eine Problematik, der Immobilienmakler im Akquisitionsgespräch mit dem potenziellen Verkäufer bereits heute schon ausgesetzt sind.
Ein direkter Vergleich von Makler-Provisionssätzen und das gegenseitige Ausspielen der Immobilienmakler, wie von der Politik angeblich angestrebt, („Vermittler A berechnet nur 2%, kannst Du, Makler B, hier mithalten?“) scheint unwahrscheinlich, weil sich die Mehrheit der Vermittler nicht dazu hinreissen lassen wird, ihre Provisionssätze vorab des Verkaufsgespräches mittels aggressiver Werbung oder werbewirksamer Insertion auf den eigenen Webseiten offen zu legen – schließlich würde man sich dadurch selbst der oben beschriebenen „Black Box“ berauben. Die gefundene Regelung eignet sich nicht, über Preispolitik um Marktanteile zu werben.
Ergebnis: Steigende Verkaufspreise, höhere Grunderwerbsteuer
Im Ergebnis sollten die Angebotspreise (beim hessischen Beispiel) flächendeckend um 2-3 Prozent ansteigen. Die vom Käufer abzuführende Grunderwerbsteuer wird sich übrigens ebenfalls prozentual anteilig zu dem Provisisonssatz, der nun als Innenprovision vereinnahmt wird, erhöhen.
Provisionsteilung vs. Bestellerprinzip
Zum Vergleich: Bei der Einführung eines Bestellerprinzips wäre die vordringliche Frage des Verkäufers im Kontakt mit dem Makler die Höhe der Maklerprovision gewesen. Viele Verkäufer hätten im Wissen um anfallende Kosten keinen direkten Kontakt zum Vermittler gesucht und den Verkauf zunächst selbst in die Hand genommen. Der Makler hätte sich im Akquisegespräch dem Verhandlungsbegehren des Verkäufers stellen müssen. Dies wäre dann tatsächlich in einem Preiswettbewerb in der Branche gegipfelt. Langfristig wäre eine höhere Transparenz, eine bessere Prozesseffizienz und mehr Service für Käufer und Verkäufer die Folge gewesen. Gleichzeitig hätte das Bestellerprinzip beim Kauf eine schumpeterische Zerstörung in Gang gesetzt. Veraltete, teuer operierende und wenig flexible Maklerunternehmen wären mit im auftretenden Preiswettbewerb aus dem Markt gedrängt worden. Auch Große Franchise-Unternehmen, die deshalb natürlich den gefundenen Kompromiss begrüßen, hätten ihre Prozesse unter großem Ressourceneinsatz überarbeiten müssen, um sich die neuen Marktgegebenheiten anzupassen.
„Die Maklercourtage legen wir auf den Käufer um!“
Mit der Provisionsteilung lässt sich die unangenehme Frage nach der Höhe der Provision weiterhin mit der lapidar dahergesagten Floskel: „Das legen wir doch auf den Käufer um“, umschiffen. Diese eine Floskel ist das Fundament, das auch künftig schlecht ausgebildeten und digital zurückgebliebenen Makler-Einzelkämpfern die Existenz sichern wird. Einen Kompetenzgewinn für die Branche wird das Gesetz nicht mit sich bringen. In dieser Hinsicht gesellt sich der Entwurf zur im vergangenen Jahr eingeführten Fortbildungspflicht. Auch bei der Fortbildungspflicht handelt es sich um einen faulen Kompromiss, der aus dem im Koalitionsvertrag geforderten „Sachkundenachweis für Makler“ erwachsen ist. Auch hier einigte sich die Politik auf eine „halbe Lösung“, weil der Gesetzgeber zu feige war, „unfähige alte Hasen“ für immer in den Ruhestand zu schicken.
Gute Leistung des IVD für seine Schützlinge
Mit der final durchgesetzten Regelung dürfte auch der Maklerverband IVD das Vertrauen seiner Mitglieder zurückgewonnen haben, das bei der katastrophalen Performance der Lobbyorganisation 2013/2014 bei der Einführung des Bestellerprinzips bei den Mieten verloren gegangen war, denn es bleibt kein Zweifel: Der Gesetzentwurf ist ein gutes Ergebnis für Immobilienmakler und CDU/ CSU, jedoch ein zweifelhafter Erfolg für die SPD-Initiatoren und diejenigen unter den Käufern, die sich von dem SPD-Vorstoß wirklich eine Senkung der Kaufnebenkosten versprochen hatten.
Provisionsteilung: Positiver Beigeschmack einer faden Lösung
Auch wenn die Provisionsteilung weder zur gewünschten Senkung der Kaufnebenkosten, noch zu einer Professionalisierung der Prozesse in der Maklerbranche führen wird, lässt sich dem Reformvorschlag abschließend doch noch einiges Positives abgewinnen: Nervtötende Werbungen im MacBurger-Stil: „Unser Service ist für den Verkäufer kostenlos“, sollten mit der Provisionsteilung der Vergangenheit angehören. Die deutschlandweit einheitliche Regelung wird Gerichtsurteile im Maklerrecht leichter lesbar und übertragbar gestalten. Die höhere Rechtssicherheit wird Käufern, Verkäufern und Maklern zugute kommen. Die von den Grünen geforderte Deckelung der Maklerprovision auf 2 Prozent, die tatsächlich Unfug für sämtliche am Transaktionsprozess beteiligte Parteien gewesen wäre, konnte zusammen mit dem Bestellerprinzip abgeräumt werden.
Dabei bleibt den Maklern nur übrig zu Hoffen, dass das Thema mit potenziell anderen Mehrheitsverhältnissen im rot-rot-grünen Rahmen nach der nächsten Bundestagswahl nicht erneut auf der Tagesordnung erscheint.
2 Gedanken zu “Das Bestellerprinzip kommt nicht: Abgesang auf eine gute Idee”